Suchen
Online-Nachricht - Donnerstag, 09.04.2015

Einkommensteuer | Zumutbare Belastung - Gleichbehandlung Arbeitnehmer und Beamte (FG)

Nicht verbeamtete Arbeitnehmer können die sog. zumutbare Belastung nicht um ihre Altersvorsorgebeiträge kürzen (FG Baden-Württemberg v - 10 K 798/14, Revision anhängig).

Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen, z.B. wegen Krankheitskosten, können nur insoweit steuerlich abgezogen werden, als sie eine zumutbare (Eigen-) Belastung übersteigen, deren Höhe sich im Wesentlichen nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte des Steuerpflichtigen errechnet. Dieser Gesamtbetrag der Einkünfte umfasst bei Arbeitnehmern deren Nettolohn vor Abzug der (nur als Sonderausgaben zu berücksichtigenden) Altersvorsorgebeiträge.
Sachverhalt: Nach Auffassung des Klägers besteht eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen Beamten und Arbeitnehmern darin, dass bei Beamten grundsätzlich höhere außergewöhnliche Belastungen steuerlich zum Tragen kämen, da die vom Steuerpflichtigen selbst zu tragende zumutbare Belastung per se geringer sei. Grund dafür sei der bei Beamten systembedingt niedrigere Gesamtbetrag der Einkünfte, da Beamte wegen der von ihnen nicht zu leistenden und zu den Lohnbestandteilen zählenden Altersvorsorgebeiträge ein geringeres Bruttogehalt erhielten.
Hierzu führten die Richter des FG Baden-Württemberg weiter aus:

  • Dadurch, dass bei Beamten keine Altersvorsorgebeiträge anfallen und auch nicht in fiktiver Höhe berücksichtigt werden, besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Beamten und Arbeitnehmern.

  • Denn Arbeitnehmer und Beamte unterliegen hinsichtlich ihrer Alterssicherung völlig unterschiedlichen Versorgungssystemen.

  • Dies zeigt sich sowohl in der Erwerbs- als auch in der Auszahlungsphase der Versorgungsbezüge.

  • Dem Ansinnen des Klägers, bei Beamten „fiktive“ Altersvorsorgebeiträge den Einnahmen hinzuzurechnen, steht das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 EStG entgegen, wonach nur zugeflossene Einnahmen, das heißt solche, über die der Steuerpflichtige verfügen kann, der Einkommensteuer unterliegen können.

  • Auch wenn der Arbeitnehmer nicht über die für die gesetzliche Altersvorsorge verwendeten Einnahmen verfügen kann, so stellt doch auch die Einzahlung in eine Versorgungseinrichtung eine Verfügung über diesen Gehaltsbestandteil dar.

  • Gleiches gilt für Beamte nicht, zumal es hier der Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn unterliegt, in welcher Weise er die Altersversorgung seiner Bediensteten überhaupt gewährleistet (z.B. Rücklagenbildung im Haushalt oder Finanzierung aus dem laufenden Haushalt).

Hinweis: Die Revision gegen das Urteil ist beim BFH unter dem Az. NWB HAAAE-84867 anhängig.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 1/2015 sowie NWB Datenbank
Hinweis (aktualisiert am ): Beim BFH sind derzeit mehrere Revisionsverfahren anhängig, in denen es um die Frage geht, ob es von Verfassungs wegen geboten ist, zwangsläufige Krankheitskosten ohne Kürzung um eine zumutbare Belastung zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zuzulassen? (BFH-Az. VI R 32/13 und BFH-Az. X R 43/14). Die Finanzverwaltung setzt die Einkommensteuer diesbezüglich bereits vorläufig fest (s. BStBl 2013 I S. 978; NWB DokID: NWB EAAAE-43768). Die Revision im o.g. Verfahren hat damit insbesondere Bedeutung für außergewöhnliche Belastungen, die vom Vorläufigkeitsvermerk nicht erfasst werden (s. Radschun, in NWB 3/2015 S. 91).
 

Fundstelle(n):
BAAAF-46948