Umsatzsteuer | Transport durch den letzten Abnehmer im Reihengeschäft (BFH)
In einem weiteren Urteil zu einer innergemeinschaftlichen Lieferung im sog. Reihengeschäft stellte der BFH klar, dass auch dann, wenn der letzte Erwerber (C) eine Spedition mit der Abholung von Waren beim Unternehmer (A) beauftragt, eine Steuerbefreiung der ersten Lieferung (des A an den Ersterwerber B) möglich ist, wenn der zweite Erwerber (C) die Verfügungsmacht an den Waren erst erhalten hat, nachdem diese das Inland verlassen haben. Dies sei bei einer Beförderung durch eine von C beauftragte Spedition zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt u.a. voraus, dass der gelieferte Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) befördert oder versendet wird (§ 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 UStG). Dies festzustellen bereitet insbesondere bei sog. Reihengeschäften immer wieder Schwierigkeiten: Liefert ein Unternehmer (A) Waren an einen anderen Unternehmer (B), der diese an einen dritten Unternehmer (C) weiterliefert, kann nur diejenige Lieferung umsatzsteuerfrei sein, der der Warentransport in den anderen Mitgliedstaat zuzuordnen ist.
Sachverhalt: Die Klägerin veräußerte 20 neue Pkw an einen Abnehmer im Vereinigten Königreich (UK) und fakturierte diese ohne Umsatzsteuer unter Angabe der gültigen USt.-IdNr. an die Käuferin. Diese veräußerte die Pkw unter Ausweis britischer Mehrwertsteuer an einen im UK ansässigen Kunden. Die Pkw wurden sukzessive von einer Spedition bei der Klägerin abgeholt und in das UK transportiert, und zwar z.T. zu ihrem Kunden, zu dessen Abnehmer und zu einem Dritten.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Befördert oder versendet bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft mit drei Beteiligten (A, B und C) und zwei Lieferungen (A an B sowie B an C) der letzte Abnehmer (C) den Gegenstand der Lieferung, ist die Beförderung oder Versendung der ersten Lieferung (A an B) zuzuordnen, es sei denn, der erste Abnehmer (B) hat dem letzten Abnehmer (C) die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen, bereits im Inland übertragen (Fortführung des NWB IAAAE-41603).
Weder die Tatsache, dass der Zweiterwerber (C) an der Beförderung beteiligt war, noch der Umstand, dass die Gegenstände nicht zur Adresse des Ersterwerbers (B) befördert wurden, können es für sich genommen ausschließen, die Beförderung der ersten Lieferung zuzuordnen.
Für die Frage der Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung ist nicht allein entscheidend, ob der letzte Abnehmer eines Reihengeschäfts die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes übernommen hat; die gegenteilige Aussage der Finanzverwaltung in Abschn. 3.14. Abs. 8 Satz 2 UStAE ist mit der Rechtsprechung des EuGH nicht in vollem Umfang vereinbar.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Der BFH verwies die Sache zurück und erlegte dem Finanzgericht weitere Sachverhaltsermittlungen auf. Geklärt werden müsse u.a., wann und wo dem Zweiterwerber die Verfügungsmacht übertragen wurde. Daraus ergebe sich, inwieweit eine Inlandslieferung vorliegt, für die sodann geprüft werden müsse, ob sich die Klägerin auf § 6a Abs. 4 UStG berufen kann. Im Rahmen der Prüfung sind alleine die objektiven Umstände maßgeblich. Verbleiben nach der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung durch das Finanzgericht nicht behebbare Zweifel daran, wann bzw. wo dem Zweiterwerber (C) die Verfügungsmacht übertragen wurde, ist die Warenbewegung im Zweifel der ersten Lieferung (A an B) zuzuordnen (s. hierzu NWB BAAAE-87996; NWB-Nachricht v. 8.4.2015).
Fundstelle(n):
NAAAF-46944