Einkommensteuer | Keine Tarifbegünstigung bei nur teilweiser Aufdeckung stiller Reserven (BFH)
Werden Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen einer KG unter Fortführung stiller Reserven auf eine Schwester-KG übertragen und sodann die Mitunternehmeranteile an der Schwester-KG veräußert, so ist eine Tarifbegünstigung nicht zu gewähren, weil nicht alle in der Person des Veräußerers (Mitunternehmers) vorhandenen stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt werden (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Erzielt der Steuerpflichtige aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils einen Gewinn i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, so ist dieser Gewinn nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit Abs. 1 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, soweit er im Sinne der letztgenannten Vorschriften zu außerordentlichen Einkünften führt. Im Streitjahr war auch die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils grds. tarifbegünstigt. Zwar ist § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit Wirkung für nach dem erfolgte Veräußerungen in der Weise geändert worden, dass nur noch die Übertragung des "gesamten" Gesellschaftsanteils zu einem nach § 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn führt. Der BFH hat jedoch mehrfach entschieden, dass für die Zeit vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes an der Steuerbegünstigung von Gewinnen aus Teilanteilsveräußerungen festzuhalten ist (u.a. NWB KAAAB-35568).
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Ein Veräußerungsgewinn i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt der Tarifbegünstigung nur, wenn er auch "außerordentlich" ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus.
Die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG setzt demnach voraus, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden.
Die Tarifbegünstigung bei Veräußerung eines Teil-Mitunternehmeranteils nach § 16 EStG a.F. setzt zudem voraus, dass auch das Sonderbetriebsvermögen des veräußernden Mitunternehmers anteilig mitveräußert wird, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen enthält.
Umfasst ein "Veräußerungsplan" mehrere Teilakte, so gebietet der Zweck der Tarifbegünstigung, sämtliche Teilakte (hier die Übertragung und die Veräußerung) miteinander zu verklammern und als einen einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die Zusammenballung der Einkünfte zu betrachten. Außerordentliche Einkünfte liegen daher nicht vor, wenn durch einzelne Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Wie in der Entscheidung v. - NWB ZAAAE-84608verneint der BFH begünstigte außerordentliche Einkünfte, wenn durch einzelne Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden. Er stellt klar, dass diese als sog. Gesamtplanrechtsprechung bezeichnete Auffassung nicht auf § 42 AO gestützt und daher nicht als Gestaltungsmissbrauch zu sehen ist, sondern allein auf einer zweckgerichteten Auslegung des § 34 EStG beruht. Diese Auslegung verlangt aber, dass die Tarifbegünstigung nur gewährt wird, wenn zusammengeballt alle stillen Reserven aufgedeckt werden. Das ist nicht der Fall, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit wesentliche Betriebsgrundlagen ohne Aufdeckung stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen ausscheiden. Wer also Umstrukturierungen eines Unternehmens gestalten will, muss bei seinem „Gesamtplan“ auch die „zeitraumbezogene Betrachtung“ des BFH berücksichtigen und eine ausreichend lange Karenzfrist einplanen, die es ermöglicht, den Gewinn aus der Veräußerung eines verkleinerten Betriebs die Tarifbegünstigung zu beanspruchen.
Fundstelle(n):
TAAAF-46767