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Online-Nachricht - Freitag, 13.02.2015

Einkommensteuer | Vorsteuererstattung als betrieblich veranlasste Einnahme (BFH)

Sind Vorsteuererstattungen im Zusammenhang mit nicht als Betriebsausgaben anerkannten Zahlungen an den Sohn (dem Fremdvergleich nicht standhaltendes Vertragsverhältnis) weiterhin als betrieblich veranlasste Einnahmen zu erfassen oder dürfen diese in der Privatsphäre liegenden Vorgänge ("unechte Vorsteuern") die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht beeinflussen? Mit dieser Frage hat sich aktuell der X. Senat des BFH auseinandergesetzt (, NV; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt eine Umsatzsteuererstattung bei dem Empfänger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, zu Betriebseinnahmen. Dies gilt auch, wenn sich die Vorsteuer im Vorjahr nicht einkommensmindernd ausgewirkt hat ( NWB XAAAA-91779) oder wenn die Erstattung auf der Berücksichtigung eines Steuerabzugsbetrages gemäß der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG beruht ( NWB TAAAB-32169). Ebenfalls ist es unbeachtlich, ob der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist oder ob er seine Umsätze versteuert hat (so auch Einkommensteuer-Handbuch 2013 H 4.5 Abs. 2 Stichwort Vereinnahmte Umsatzsteuerbeträge i.V. mit H 9b Stichwort Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten).
Sachverhalt: In den Streitjahren erzielten die Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Sie ermittelten ihre Gewinne durch Einnahmeüberschussrechnung. In den Streitjahren haben sie Zahlungen an ihren Sohn (S) aufgrund eines mit ihm abgeschlossenen Freien-Mitarbeiter-Vertrages geleistet und als Betriebsausgaben abgezogen. Die in den entsprechenden Rechnungen des S gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von den Klägern als Vorsteuer geltend gemacht. Im Rahmen einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zum Ergebnis, dem Vertragsverhältnis mit S sei die steuerliche Anerkennung zu versagen, weil es einem Drittvergleich nicht standhalte. Das Finanzamt ließ infolgedessen die in Rechnung gestellten Beträge einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuer nicht mehr als Betriebsausgaben zum Abzug zu. Die bislang erstatteten Vorsteuerbeträge sah das FA demgegenüber weiterhin als betrieblich veranlasste Einnahmen an.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Im Streitfall hat die vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer bei den Klägern zu Betriebseinnahmen geführt.

  • Dass den Zahlungen und damit auch dem Vorsteuerabzug zu einem späteren Zeitpunkt die steuerliche Anerkennung versagt worden ist und die Kläger die erhaltene Vorsteuererstattung zurückzahlen mussten, ändert hieran nichts. Der Zufluss der Umsatzsteuererstattung ist auch in einer solchen Konstellation als betrieblich und nicht als privat veranlasst anzusehen.

  • Die Umsatzsteuererstattungen beruhen - als auslösendes Moment - darauf, dass die Kläger für ihr Unternehmen Umsatzsteuererklärungen abgegeben und die ihnen von S in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Unternehmer geltend gemacht haben und ihnen die Zahlungen somit als Unternehmer zugeflossen sind. Diese Vorgänge sind infolgedessen eindeutig der betrieblichen Sphäre zuzuordnen.

  • Dieser unmittelbare Zusammenhang der Umsatzsteuererstattungen mit den Unternehmen der Kläger wurde auch nicht dadurch unterbrochen oder gelöst, dass die Rechnungen des S steuerlich nicht anerkannt werden konnten. Zwar beruht die fehlende Abziehbarkeit der Vorsteuer auf der privaten Ursache der Zahlungen; diese ändert aber nichts daran, dass von den Klägern in den Erstattungsjahren im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit ein Wertzuwachs erzielt wurde.

  • Dass die Kläger die erhaltenen Vorsteuerbeträge in späteren Veranlagungsjahren zurückzahlen mussten, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorsteuern waren im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung Betriebseinnahmen und bewirkten eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Kläger. Das "Behaltendürfen" des Zugeflossenen ist kein Merkmal des Zuflusses i.S. des § 11 EStG.

  • Ein möglicher Rückzahlungsvorgang wirkt sich bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG erst in den späteren Veranlagungszeiträumen einkünfte- oder einkommensmindernd aus.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Zu einem anderen Ergebnis kam der BFH im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ( NWB JAAAA-93797). In diesem Urteil hatte er ebenfalls irrtümlich erstatteter Vorsteuerbeträge - diesmal im Rahmen einer Gebäudeerrichtung - zu beurteilen. In diesem Urteil wandte sich der BFH dagegen, die Vorsteuerbeträge den Einnahmen zuzurechnen. Sei die Umsatzsteuer mangels der Anwendbarkeit des § 9b EStG den Herstellungskosten zuzurechnen, sei daraus zu folgern, dass die Vorsteuerbeträge ebenfalls in den Bereich der Herstellungskosten fielen. Anschaffungs- oder Herstellungskosten seien bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aber nur im Wege der Absetzung für Abnutzung zu berücksichtigen. Diese Vorschriften gingen den Regeln über die Vereinnahmung und Verausgabung nach § 11 EStG vor. Diese Argumentation des BFH verdeutlicht, dass die Rückzahlung der fehlerhaften Erstattung von Vorsteuerbeträgen wegen fehlender Berechtigung zum Vorsteuerabzug im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart, in der die Vorsteuer zu Unrecht geltend gemacht wurde, nach den im EStG vorgesehenen Regelungen zu beurteilen ist. Bezogen auf den o.g. Streitfall, in dem eine Betriebseinnahme gemäß § 4 Abs. 3 EStG rückgängig zu machen ist, kommt daher § 11 Abs. 2 EStG zur Anwendung.
 

Fundstelle(n):
LAAAF-46748