Online-Nachricht - Donnerstag, 19.07.2012

Erbschaftsteuer | Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Drittstaat (EuGH)

Der Ausschluss der Begünstigung für eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat (§ 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. bzw. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F.) verstößt nicht gegen EU-Recht (; Scheunemann).

EuGH, Urteil v. 19.7.2012 - Rs. C-31/11 ; Scheunemann).

Hintergrund: Der BFH hatte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Steuervergünstigungen bei Erbschaften auch auf die zum Privatvermögen gehörenden Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat zu gewähren sind ( NWB MAAAD-59903). Die Vorlage betraf die Rechtslage bis 2007. Hiernach galten Freibetrag und verminderter Wertansatz für Anteile an einer Kapitalgesellschaft nur, wenn die Kapitalgesellschaft Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hatte (§ 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG). Der Erwerb von im Privatvermögen befindlichen Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in Drittstaaten ist aber auch nach der aktuellen Rechtslage nicht begünstigt. Zum begünstigten Vermögen gehören nach neuem Recht (nur) im Privatvermögen befindliche Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn diese Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F.).
Sachverhalt: Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist die Alleinerbin ihres 2007 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörte u.a. eine 100%-ige Beteiligung des Vaters an einer kanadischen Kapitalgesellschaft. Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer ohne Berücksichtigung der in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 ErbStG (Fassung 2007) vorgesehenen Begünstigungen fest.
Hierzu führte der EuGH weiter aus: Eine Regelung eines Mitgliedstaats (hier: § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. bzw. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F.), wonach bei der Berechnung der Erbschaftsteuer die Anwendung bestimmter Steuervergünstigungen auf einen Nachlass in Form der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat ausgeschlossen ist, während diese Vergünstigungen beim Erwerb einer solchen Beteiligung von Todes wegen gewährt werden, wenn sich der Sitz der Gesellschaft in einem Mitgliedstaat befindet, berührt vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Art. 49 ff. AEUV, sofern die genannte Beteiligung es ihrem Inhaber ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Diese Artikel sind nicht auf einen Sachverhalt anwendbar, der die Beteiligung an einer Gesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat betrifft.
Quelle: EuGH online
Anmerkung: Zu einem anderen Ergebnis wäre der EuGH vermutlich gelangt, sofern die nationalen Bestimmungen unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallen würden (Art. 63 AEUV). Hierzu hatte der EuGH bereits mehrfach entscheiden, dass es sich bei Erbschaften, mit denen das Vermögen eines Erblassers auf eine oder mehrere Personen übergeht, um Kapitalverkehr im Sinne von Art. 63 AEUV handeln kann (vgl. z.B. NWB UAAAC-93783). Der EuGH weist nun darauf hin, dass vorwiegend die Niederlassungsfreiheit betreffen sei, sofern die Kapitalbeteiligung, auf die sich die streitige Regelung bezieht, ausreicht, um Einfluss und Kontrolle auf die Gesellschaft auszuüben. Demgegenüber sei regelmäßig die Kapitalverkehrsfreiheit betroffen, wenn die Beteiligung in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgt ist. Im hier zu entscheidenden Fall habe der deutsche Gesetzgeber für die Gewährung der in Rede stehenden Steuervergünstigungen jedenfalls eine Mindestbeteiligung (25%) vorgesehen, die es dem Inhaber der Anteile ermöglicht, Einfluss auf die Verwaltung und Kontrolle der Kapitalgesellschaft zu nehmen. Er hat damit Voraussetzungen aufgestellt, die sicherstellen sollen, dass der Anteilsinhaber nicht in der alleinigen Absicht einer Geldanlage tätig wird.
 


 

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-46252