Kindergeld | Abzweigung an den Sozialleistungsträger (BFH)
In zwei Entscheidungen hat der BFH zur Zahlung von Kindergeld in Sonderfällen und hier insbesondere zur Entscheidung der Familienkasse über die Abzweigung des Kindergeldes an Sozialversicherungsträger geurteilt.
Im ersten Streitfall (Az. III R 37/07) gewährte der Sozialleistungsträger für die Unterbringung des Kindes in der Pflegeeinrichtung Eingliederungshilfe. Die kindergeldberechtigte Mutter wurde nur zu einem monatlichen Kostenbeitrag von 46 Euro herangezogen. Außerdem entstanden ihr Aufwendungen für ein Zimmer, das sie in ihrem Haus für Besuche ihrer Tochter vorhielt, ferner Übernachtungskosten, wenn sie das Kind in der Pflegeeinrichtung besuchte, sowie Kosten für gelegentliche Geschenkpakete und sonstige Zuwendungen.
Der BFH entschied, dass nur die volle Auszahlung des Kindergeldes an den Kindergeldberechtigten richtig sei, wenn er Aufwendungen in Höhe des Kindergeldes leiste. Zu berücksichtigen seien nicht nur der Barunterhalt in Form des Kostenbeitrags, sondern auch die übrigen tatsächlich für das Kind entstandenen Aufwendungen. Damit wies es die Auffassung des Sozialleistungsträgers zurück, der feststellen lassen wollte, dass die freiwilligen zusätzlichen Betreuungsaufwendungen der Mutter, die nicht der Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht dienten, nicht relevant seien für die Entscheidung der Kindergeldkasse über die Abzweigung.
Anmerkung der NWB Redaktion:
Um eine Abzweigung des Kindergelds zu vermeiden, muss der Kindergeldberechtigte nach dem Urteil Aufwendungen mindestens in Höhe des Kindergelds leisten und kann nur tatsächlich entstandene Betreuungskosten ansetzen. In diesem Zusammenhang mag eine neuere Entscheidung des BGH von Bedeutung sein, wonach in Abkehr von älterer Rechtsprechung gegenüber geschiedenen Vätern ein Anspruch auf zusätzlichen Unterhalt für Betreuungskosten auch für die Vergangenheit bejaht wurde ().
Auch im zweiten Fall (Az. III R 6/07) hatte der Sozialleistungsträger bei der Familienkasse beantragt, das Kindergeld direkt an ihn zu zahlen. Der Kindergeldberechtigte bezog für seine behinderten Kinder, die in seinem Haushalt lebten Kindergeld. Er selbst und seine Ehefrau erhielten Arbeitslosengeld II. Die Kinder erhielten vom Sozialamt Leistungen der Grundsicherung nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 des SGB XII. Auch in diesem Fall lehnte die Familienkasse den Antrag des Sozialleistungsträgers auf Abzweigung des Kindergeldes ab, weil keine Unterhaltspflichtverletzung gegeben sei, solange das Kind im Haushalt des Berechtigten lebe. Diese Begründung akzeptierte der BFH nicht. Nach der gesetzlichen Konzeption soll das Kindergeld an die Person/Stelle gezahlt werden, die tatsächlich die Kosten des Unterhalts für das Kind trägt. Da die Grundsicherungsleistungen das Existenzminimum der Kinder sicherten, brauchte der Kindergeldberechtigte ihnen keinen Unterhalt zu zahlen. Besteht keine Unterhaltspflicht des Kindergeldberechtigten mangels Leistungsfähigkeit oder ist die Unterhaltspflicht auf einen Betrag beschränkt, der niedriger als das zu zahlende Kindergeld ist, muss das Kindergeld ganz bzw. teilweise an den Sozialleistungsträger abgezweigt werden. Bei Grundsicherungsleistungen für das Kind und fehlender Unterhaltspflicht des Kindergeldberechtigten ist deshalb eine Abzweigung geboten auch wenn das Kind in den Haushalt des Kindergeldberechtigten aufgenommen ist.
Quelle: BFH online
Fundstelle(n):
KAAAF-46235