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Online-Nachricht - Montag, 09.08.2010

Einkommensteuer | Verkauf von sog. Schrott-Immobilien (FG)

Besitzer von sog. Schrott-Immobilien, die mit der finanzierenden Bank einen Schuldenerlass ausgehandelt haben, müssen den Erlassbetrag im Jahr des Verkaufs der SchrottImmobilie auch dann versteuern, wenn der Erlass mit der Bank zeitlich bereits vor dem Verkaufsjahr vereinbart und wirksam wurde. Zudem sind die bis dahin in Anspruch genommenen Abschreibungsbeträge anzusetzen (; Urteil ist rechtskräftig).

FG Hessen, Urteil v. 3.5.2010 - 3 K 299/10 ; Urteil ist rechtskräftig).

Hintergrund: Nach § 22 Nr. 2 i.V. mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in der ab dem VZ 1999 geltenden Fassung unterliegen der Einkommensteuer u.a. Grundstücksveräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Der Gewinn/Verlust ist der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Dabei mindern sich die Anschaffungskosten um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen worden sind.
Sachverhalt: Im Streitfall hatte der Kläger im Jahr 1997 eine Eigentumswohnung für 100.000 € gekauft. Den vollen Kaufpreis hatte er durch Darlehensvertrag finanziert. Vor der Übergabe sollte die Verkäuferin die Wohnung noch sanieren. Dazu kam es aber nicht, weil die Verkäuferin insolvent wurde. Wegen der weiterhin vorhandenen Mängel konnte der Kläger die Wohnung nicht vermieten und die Darlehensraten nicht zahlen. Deshalb schloss er mit der finanzierenden Bank im Jahr 2002 eine Rückabwicklungsvereinbarung, wonach die Bank dem Kläger einen Betrag von 50.000 € erließ und die finanzierte Eigentumswohnung auf ihre Rechnung verwerten durfte. Im Jahr 2004 verkaufte der Kläger die Eigentumswohnung für 6.000 €, die an die Bank zu überweisen waren. In der Einkommensteuererklärung für 2004 machte der Kläger aus dem Wohnungsverkauf einen Verlust von 22.000 € geltend. Das Finanzamt ermittelte dagegen einen Veräußerungsgewinn von 32.000 €, wobei es - im Gegensatz zum Kläger - neben den bisher in Anspruch genommenen Abschreibungsbeträgen auch den bereits im Jahr 2002 vereinbarten Schuldenerlass von 50.000 € steuerwirksam als Verkaufserlös ansetzte.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Bei der Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften gilt das sog. Zufluss-Prinzip, wonach Einnahmen nur in dem Kalenderjahr des Zuflusses erfasst werden, aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen nicht gilt. Der Veräußerungsgewinn des Jahres 2004 muss neben den bisherigen Abschreibungen auch die wirtschaftlichen Vorteile des Schuldenerlasses aus 2002 enthalten. Der Kläger hat den Schuldenerlass nur deshalb erlangt, weil er der Bank im Gegenzug das Recht eingeräumt hat, wie ein Eigentümer über die Eigentumswohnung zu verfügen. Käuferin der Wohnung im Jahr 2004 ist zudem eine Konzerntochtergesellschaft der erlassenden Bank gewesen, die gerade zu dem Zweck der Rückabwicklung gescheiterter Immobiliengeschäfte und Darlehensverträge gegründet worden ist.
Anmerkung: Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke von zwei auf zehn Jahre durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 sind zwei Verfahren vor dem BVerfG anhängig (Az. NWB NAAAC-29875 und NWB CAAAC-29883). Ein Verfassungsverstoß liegt nach Auffassung des BFH jedoch nicht in solchen Fällen vor, bei denen - wie im o.g. Streitfall - die (frühere) Spekulationsfrist von zwei Jahren zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung () noch nicht abgelaufen gewesen ist (vgl. BFH, Beschlüsse v. - NWB TAAAB-15856;  v. - NWB BAAAB-25475 und v. - NWB IAAAD-40096).
Quelle: FG Hessen, Pressemitteilung v.
Hinweis: Zur steuerlichen Behandlung eines Darlehensverzichts bei sog. Schrottimmobilien hat auch das Bayerisches Landesamt für Steuern (BayLfSt) in einer NWB CAAAC-85287 Stellung genommen.

 


 

Fundstelle(n):
FAAAF-46066