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Online-Nachricht - Mittwoch, 23.06.2010

Steuerbilanz | Neubestimmung der Herstellungskostenuntergrenze? (BMF)

Mit veröffentlicht die Behörde eine gesonderte Anwendungsregelung zur steuerrechtlichen Aktivierungspflicht der in § 255 Absatz 2 Satz 3 HGB aufgeführten Kosten als Herstellungskosten im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG ().


Danach wird es nicht beanstandet, wenn für Wirtschaftsjahre, die vor der Veröffentlichung einer geänderten Richtlinienfassung enden, die unter § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB genannten Kosten entsprechend R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 als Herstellungskosten in Abhängigkeit vom handelsrechtlich ausgeübten Wahlrecht einbezogen werden.

Quelle: BMF

Dazu Dr. Claas Fuhrmann  (Partner der CARLÉ_KORN_STAHL_STRAHL Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater, Köln) im Gasteditorial der NWB 26/2010 :
Mit Datum vom hat das NWB HAAAD-40121  veröffentlicht. Gegenüber der Entwurfsfassung wurde insbesondere das Beispiel der Rn. 8 zum handelsrechtlich bestehenden Einbeziehungswahlrecht bei der Ermittlung der Herstellungskosten nach § 255 HGB neu aufgenommen.

Die Finanzverwaltung vertritt dort aufgrund des Vorrangs steuerlicher Bewertungsvorschriften nach § 5 Abs. 6 EStG die Auffassung, in die steuerlich anzusetzenden Herstellungskosten müssten alle Aufwendungen eingehen, die ihrer Art nach Herstellungskosten sind. Daraus ergebe sich eine Einbeziehungspflicht für die in § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB genannten Gemeinkostenbestandteile (etwa angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung) in die Herstellungskosten, für die handelsrechtlich ein Wahlrecht besteht.

Zur Begründung wird auf das NWB ZAAAA-14243 verwiesen, in dem allerdings die Frage der Einbeziehungspflicht der in § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB a. F. genannten Kostenbestandteile ausdrücklich offen gelassen wurde. Die Auffassung in Rn. 8 weicht von der Richtlinienanweisung in R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 ab, die ein steuerbilanzielles Einbeziehungswahlrecht für die genannten Kosten vorsieht. Ein solches – jahrzehntelang praktiziertes – Wahlrecht erscheint auch sachgerecht, da ein enger sachlicher Zusammenhang der genannten Kosten zum Herstellungsvorgang fehlt. Die genannten Kosten betreffen vielmehr das Unternehmen als Ganzes. Ein Blick in § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB verdeutlicht zudem, dass es sich bei diesen Kosten nicht der Art nach um Herstellungskosten handelt; denn sie „dürfen“ nur als solche behandelt werden. Damit geht der Ansatz der Finanzverwaltung ins Leere: Es handelt sich bei den Kosten gem. 255 Abs. 2 Satz 3 HGB gerade nicht um tatsächliche Herstellungskosten, die der Art nach einzubeziehen wären, sondern ausdrücklich um fingierte Herstellungskosten.

Aus Vertrauensschutzgründen – möglicherweise auch, um eine bisher wegen des Überraschungseffekts nicht erfolgte Diskussion außerhalb der Finanzverwaltung zu ermöglichen – sieht ein ergänzendes eine gesonderte Anwendungsregelung vor. Danach wird es nicht beanstandet, wenn für Wirtschaftsjahre, die vor der Veröffentlichung einer geänderten Richtlinienfassung enden, die unter § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB genannten Kosten entsprechend R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 als Herstellungskosten in Abhängigkeit vom handelsrechtlich ausgeübten Wahlrecht einbezogen werden. Losgelöst von einer solchen Anwendungsregelung ist der Gesetzgeber gefordert. Zu begrüßen wäre eine Klarstellung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG dergestalt, dass für die in § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB genannten Gemeinkostenbestandteile auch steuerrechtlich ein Einbeziehungswahlrecht besteht. Die betroffenen Unternehmen müssten dann ihre Kostenrechnung nicht ausschließlich für steuerrechtliche Zwecke modifizieren. Außerdem könnte so das gesetzgeberische Ziel erreicht werden, die Untergrenze der Herstellungskosten in Handels- und Steuerbilanz anzugleichen.

 

Fundstelle(n):
NAAAF-46046