Rückwirkendes Ereignis | Rücktritt vom Anteilsveräußerungsvertrag (FG)
Erklären die Beteiligten eines GmbH-Anteilsverkaufs sechs Jahre nach der Anteilsveräußerung wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Folge der 1997 noch unvorhersehbaren steuerlichen Auswirkungen einer Ausschüttung aus dem EK 04 für die Anschaffungskosten der Beteiligung den Rücktritt vom Veräußerungsvertrag, liegt ein rückwirkendes Ereignis vor, welches die steuerliche Erfassung des Gewinns aus der Anteilsveräußerung beseitigt ().
Erklären die Beteiligten eines GmbH-Anteilsverkaufs sechs Jahre nach der Anteilsveräußerung wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Folge der 1997 noch unvorhersehbaren steuerlichen Auswirkungen einer Ausschüttung aus dem EK 04 für die Anschaffungskosten der Beteiligung und damit auf die Höhe eines Veräußerungsgewinns i.S. des § 17 EStG den Rücktritt vom Veräußerungsvertrag, liegt ein rückwirkendes Ereignis vor, welches die steuerliche Erfassung des Gewinns aus der Anteilsveräußerung beseitigt (FG
NWB HAAAD-26089
).
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Grundsätzlich kann mit steuerrechtlicher Wirkung ein Sachverhalt nicht rückwirkend gestaltet werden, weil der Steuerpflichtige auf einen entstandenen Steueranspruch nicht rückwirkend Einfluss nehmen kann. Die Rechtsprechung hat jedoch von dem Rückwirkungsverbot Ausnahmen zugelassen (vgl. NWB LAAAB-13893, und NWB WAAAA-92076; NWB IAAAA-94697). Sowohl in den Fällen des Fehlens als auch in denen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bilden die infolge einer Vertragsanpassung oder eines Rücktritts bewirkten Veränderungen des Veräußerungspreises Ereignisse, die i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO Rückwirkung entfalten. Im Streitfall konnte keinem Vertragsbeteiligten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 1997 das NWB MAAAA-96631 bekannt sein, mit dem der BFH erstmalig zu der Frage Stellung genommen hat, wie sich die Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft aus dem EK 04 auf die Höhe der Anschaffungskosten des Gesellschafters und damit auf die Höhe eines Veräußerungsgewinns auswirkt. Hätte die Klägerin diese Folge vorausgesehen oder voraussehen können, hätte sie sinnvollerweise den Vertrag in dieser Form nicht abgeschlossen. Da die beiden Parteien des Vertrages von den steuerlichen Folgen beim Vertragsschluss keine Vorstellung haben konnten und der Veräußerungserlös ohne die Ausschüttung in vollem Umfang durch die unstreitigen sonstigen Anschaffungskosten steuerlich neutralisiert worden wäre, ist der Vertrag zu Recht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage durch Rücktritt vom Vertrag aufgehoben worden. Ob eine entsprechende zivilgerichtliche Verfolgung des Rücktrittsbegehrens tatsächlich erfolgreich gewesen wäre, kann dabei offen bleiben. Die Parteien haben sich im Streitfall zivilrechtlich verpflichtet (Vertrag v. ), die jeweils empfangenen Leistungen zurückzugewähren und sie haben in dinglicher Hinsicht die Geschäftsanteile durch Abtretung und Annahme zurück übertragen. Es besteht kein vernünftiger Grund, dem diesbezüglichen Vertrag keine steuerliche Rückwirkung beizumessen und die Vertragspartner zu einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung zu zwingen, wenn die Rückabwicklung tatsächlich durchgeführt wird. Da die Rückgewähr des Kaufpreises aus Gründen erfolgte, die im Kaufvertrag selbst angelegt waren (Vertragsgrundlage), liegt ein „rückwirkendes Ereignis” i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor.
Anmerkung: Der Vertrag aus dem Jahr 1997 enthielt im Streitfall keine sog. Steuerklausel. Steuerklauseln sind Vertragsbestimmungen, denen zur Folge ein Rechtsgeschäft oder bestimmte Rechtsgeschäfte ganz oder teilweise als aufgelöst oder nicht abgeschlossen angesehen werden oder unwirksam sein und dementsprechend behandelt werden sollen, wenn sich herausstellt, dass sich nach Auffassung der für die Besteuerung zuständigen Stelle an das Rechtsgeschäft andere (insbesondere ungünstigere) Steuerfolgen knüpfen, als die Parteien vorausgesetzt, sich vorgestellt oder erwartet haben. Das Gericht musste deshalb auch nicht auf die umstrittene zivilrechtliche Qualifikation und steuerrechtliche Wirkung derartiger Klauseln eingehen (vgl. hierzu Tipke/Kruse, AO, § 41 Rdnr. 51 ff.).
Quelle: NWB-Datenbank
Fundstelle(n):
RAAAF-45855