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Online-Nachricht - Montag, 25.03.2013

Berufsrecht | Beweislast bei pflichtwidrigem Bestätigungsvermerk (BGH)

Nimmt ein Anleger einen Wirtschaftsprüfer wegen eines pflichtwidrigen Bestätigungsvermerks auf Schadensersatz in Anspruch, so muss er beweisen, dass bei Nichterteilung des Bestätigungsvermerks der Schaden nicht eingetreten wäre ().

Hintergrund: Bei pflichtwidriger Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks (§ 322 HGB) haftet der Abschlussprüfer geschädigten Dritten deliktisch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB). Die Haftung setzt jedoch u.a. voraus, dass der Kläger die Kausalität zwischen Bestätigungsvermerk und seinem Schaden beweist.

Sachverhalt: Die Klägerin war Inhaberin von Schuldverschreibungen der W., die am fällig waren. Sie tauschte diese bei Fälligkeit in Inhaberschuldverschreibungen einer anderen Tranche mit einer Laufzeit bis . Auf Antrag der W. vom wurde am über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin behauptet, dass sie sich nur aufgrund des angeblich pflichtwidrig erteilten Bestätigungsvermerks des beklagten Wirtschaftsprüfers zum Umtausch entschlossen habe; ansonsten hätte sie bei Fälligkeit den angelegten Betrag zurückverlangt und zurückerhalten.

Hierzu führte das Gericht u.a. aus: Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass ihr der den Bestätigungsvermerk enthaltende Prospekt übersandt wurde und der Beklagte den Bestätigungsvermerk pflichtwidrig erteilt hat, so fehlt es hier am Eintritt eines Vermögensschadens durch den Umtausch der Inhaberschuldverschreibungen. Die Klägerin ist für die Entstehung ihres Schadens darlegungs- und beweisbelastet. Diesen Beweis hat sie nicht erbracht. Die Behauptung des Beklagten, der Schaden wäre auch ohne sein angeblich pflichtwidriges Verhalten eingetreten, ist als qualifiziertes Bestreiten zu werten und nicht als Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens anzusehen, für das der Schädiger beweisbelastet wäre. Auch hat sich die Beweislast nicht zugunsten der Klägerin umgekehrt. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin im Januar 2006 war uneinbringlich und deshalb wertlos; der Verlust einer auf Dauer uneinbringlichen Forderung verringert den Wert des Vermögens nicht und kann deshalb keinen Schaden begründen. Auch kann die Klägerin ihren Anspruch nicht auf die Behauptung stützen, sie hätte im Sommer 2005 die damals gehaltenen Papiere außerordentlich gekündigt, wenn der Beklagte den Bestätigungsvermerk eingeschränkt oder versagt hätte. Hier komme der Klägerin für den Kausalitätsnachweis selbst unter Zugrundelegung der Grundsätze der Prospekthaftung kein Anscheinsbeweis zu Gute. Der Beweis, dass die Klägerin, hätte sie von der eingeschränkten Erteilung eines Bestätigungsvermerks erfahren, ihre bisherige Beteiligung gekündigt hätte, wurde nicht erbracht.

Anmerkung: Der Fall zeigt exemplarisch, dass ein Abschlussprüfer bei Erteilung pflichtwidriger Bestätigungsvermerke potenziell auch gegenüber Dritten haftet, wenn auch deren Anspruch - wie auch hier - oft am Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität scheitern wird. Dennoch ist bei für Dritte relevanten Bestätigungsvermerken (z.B. bei Aktiengesellschaften hinsichtlich potenzieller Aktionäre) besondere Vorsicht geboten. Nicht umsonst liegt hier die Haftungsobergrenze bei 4 Mio. € (ansonsten 1 Mio. €, § 323 Abs. 2 HGB).

Quelle: NWB Datenbank


Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt Freiburg

 

Fundstelle(n):
ZAAAF-45634