Einkommensteuer | Nebeneinander von Progressionsvorbehalt und Tarifermäßigung (BFH)
Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) und Tarifermäßigung (§ 34 Abs. 1 EStG) sind nebeneinander anwendbar. Dies hat zur Folge, dass sich ein negativer Progressionsvorbehalt im Rahmen der Ermittlung des Steuerbetrags nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG wegen des niedrigeren Steuersatzes notwendig steuermindernd auswirkt (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Streitig war die Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer bei Zusammentreffen eines negativen verbleibenden zu versteuernden Einkommens mit Einkünften, die dem negativen Progressionsvorbehalt unterliegen.
Sachverhalt: In der Lohnsteuerbescheinigung des Klägers wurde als Dauer des Arbeitsverhältnisses der Zeitraum vom 1. bis zum 31. Juli sowie einen tarifbegünstigte Abfindungsleistung (§ 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG) ausgewiesen. Daneben hatte der Kläger im Streitjahr Arbeitslosengeld zurückgezahlt. Das Finanzamt hatte die tarifliche Einkommensteuer in Anlehnung an H 34.2 Beispiel 4 EStH angesetzt.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG die auf alle (im VZ bezogenen) außerordentlichen Einkünfte (nicht nur auf die Einnahmen) entfallende Einkommensteuer nach der sog. Fünftel-Regelung zu berechnen.
Ist - wie im Streitfall - das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.
Hat ein Steuerpflichtiger - wie der Kläger - Arbeitslosengeld bezogen, so ist auf das zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz (Progressionsvorbehalt) anzuwenden (§ 32b Abs. 1 Satz 1 EStG); das ist gemäß § 32b Abs. 2 Satz 1 EStG der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird, und zwar um den Saldo - hier - der Arbeitslosengeld Leistungen.
Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG und Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG sind nebeneinander anwendbar (sog. integrierte Steuerberechnung).
Bei Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG muss sich wegen seines Zwecks der Abmilderung der Progressionswirkung eine geringere Einkommensteuer ergeben als bei einer Besteuerung der außerordentlichen Einkünfte nach § 32a Abs. 1 EStG.
Das gilt erst recht, wenn die Tarifermäßigung mit einem negativen Progressionsvorbehalt zusammentrifft, weil sich ein negativer Progressionsvorbehalt im Rahmen der Ermittlung des Steuerbetrags für die außerordentlichen Einkünfte nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG notwendig steuersatzmindernd auswirkt.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Das Finanzamt hatte in Anlehnung an H 34.2 Beispiel 4 EStH die tarifliche Einkommensteuer zutreffend angesetzt, so der BFH in seinen Entscheidungsgründen. Dabei ist es von Einkünften i.S. des § 34 Abs. 2 EStG in Höhe von 256.751 €, einem zvE in Höhe von 248.879 € und einem verbleibenden negativen zvE in Höhe von -7.872 € ausgegangen. Auf dieser Basis hat es vom 1/5 zvE in Höhe von (248.879 € : 5 =) 49.775 € unter Abzug des Arbeitslosengeld-Saldos in Höhe von 3.374 € das maßgebende verbleibende 1/5 zvE in Höhe von 46.401 € errechnet. Darauf ergab sich eine Einkommensteuer nach Grundtarif in Höhe von 11.649 € bei einem (durchschnittlichen =) besonderen Steuersatz von 25,1051%. Dieser angewandt auf das 1/5 zvE (49.775 €) führte zu einer Einkommensteuer in Höhe von 12.496 €, multipliziert mit fünf ergibt eine tarifliche Einkommensteuer in Höhe von 62.480 €.
Fundstelle(n):
TAAAF-45610