Verfahrensrecht | Ablaufhemmung durch Untätigkeitseinspruch (BFH)
Wer seine Einkommensteuererklärung jenseits der Fristen des § 149 Abs. 2 AO abgibt, kann sich, falls das Finanzamt vor Ablauf der Festsetzungsfrist keinen Einkommensteuerbescheid erlässt, nicht auf Treu und Glauben berufen, wenn er es selbst unterlässt, einen Untätigkeitseinspruch einzulegen oder jedenfalls einen Antrag auf Steuerfestsetzung zu stellen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden ist (§171 Abs. 3 AO).
Sachverhalt: Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Am reichten sie ihre Einkommensteuererklärung für 1998 ein. Die Festsetzungsfrist hierfür lief am ab. Das Finanzamt erließ am einen Einkommensteuerbescheid, der in einigen Punkten von der Erklärung der Kläger abwich. Nach erfolglosem Einspruch machten die Kläger mit ihrer Klage höhere negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt entgegnete, dass der Einkommensteuerbescheid wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr habe ergehen und deshalb - bereits aus diesem Grund - auch nicht mehr habe geändert werden dürfen. Dem schlossen sich die Richter aller Instanzen an.
Hierzu führt der BFH weiter aus:
In Bezug auf das Streitjahr war bereits zum Zeitpunkt, als das FA am den Einkommensteuerbescheid erließ, Festsetzungsverjährung eingetreten. Da die Kläger zunächst keine Steuererklärung abgegeben hatten, endete die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO am .
Hieran ändert auch eine möglicherweise verlängerte Erklärungsfrist nichts. Denn eine Fristverlängerung nach § 109 AO bewirkt keine zusätzliche Anlaufhemmung. Gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist nämlich - spätestens - mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Das ist hier der Ablauf des Jahres 2001.
Eine Ablaufhemmung ist nicht eingetreten. Denn die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung stellt nach ständiger Rechtsprechung des BFH keinen Antrag i.S. von § 171 Abs. 3 AO dar.
Die Kläger können sich nicht auf Treu und Glauben berufen, weil sie vor Ablauf der Festsetzungsfrist weder Einspruch eingelegt noch einen Antrag nach § 171 Abs. 3 AO gestellt haben und das FA jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand gesetzt hat.
Um die Wirkungen des § 171 Abs. 3a AO zu erreichen, hätten die Kläger einen Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO einlegen müssen. Tun sie dies nicht, können sie sich nicht auf Treu und Glauben berufen, um dann so gestellt zu werden, wie sie stünden, wenn sie Einspruch eingelegt hätten (vgl. auch NWB AAAAD-87609).
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
WAAAF-45580