Umsatzsteuer | Dienstleistungen im Zusammenhang mit Sport (EuGH)
Der Zugang zu einem Aquapark, der den Besuchern nicht nur Einrichtungen anbietet, die die Ausübung sportlicher Betätigungen ermöglichen, sondern auch andere Arten der Unterhaltung oder Erholung, können eine in engem Zusammenhang mit Sport stehende, steuerbefreite Dienstleistung darstellen (; Zamberk).
Hintergrund: Bei dem tschechischen Verfahren geht es um die Auslegung der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der MwStSystRL, wonach die Mitgliedstaaten „bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben” von der Steuer befreien.
Sachverhalt: Die Klägerin, eine Stadt, betreibt ein Freibad, auf dessen Gelände nicht organisierte, nicht planmäßige und zur Erholung erfolgende sportliche Betätigungen (z.B. Schwimmen oder Ballspiele) ausgeübt werden können. Im Streit um den Vorsteuerabzug für Eingangsumsätze, die mit dem Betrieb des Freibads in Zusammenhang stehen, vertreten die tschechischen Steuerbehörden die Auffassung, dass die entgeltliche Zugänglichmachung des Freibadgeländes unter die Steuerbefreiung falle, mit der Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der MwStSystRL in nationales Recht umgesetzt worden sei. Einen entsprechenden Vorsteuerabzug schlossen sie daher aus.
Hierzu führte der EuGH weiter aus:
Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass nicht organisierte und nicht planmäßige sportliche Betätigungen, die nicht auf die Teilnahme an Sportwettkämpfen abzielen, als Ausübung von Sport im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden können.
Bei der Prüfung, ob eine komplexe einheitliche Leistung als in engem Zusammenhang mit Sport stehende Leistung einzustufen ist, obwohl diese Leistung auch Teile umfasst, bei denen kein solcher Zusammenhang besteht, sind sämtliche Umstände, unter denen der Umsatz abgewickelt wird, zu berücksichtigen, um dessen charakteristische Bestandteile zu ermitteln und darunter die dominierenden Bestandteile zu bestimmen.
Der dominierende Bestandteil ist aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers und – im Rahmen einer Gesamtbetrachtung – mit Rücksicht auf die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der unter die Steuerbefreiung fallenden Bestandteile im Vergleich zu den nicht unter diese Befreiung fallenden Bestandteilen zu bestimmen.
Anmerkung: Ob in einem konkreten Fall eine einheitliche und unter die Steuerbefreiung fallende Leistung vorliegt, haben die nationalen Gerichte festzustellen. Sofern eine Eintrittskarte für den Aquapark Zugang zu sämtlichen Einrichtungen eröffnet, ohne dass in irgendeiner Weise hinsichtlich der Art der tatsächlich benutzten Einrichtung unterschieden wird, stellt dies nach Ansicht des EuGH ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung dar. Zu berücksichtigen sei insbesondere auch die Konzeption des Parks, d h. die verschiedenen Arten der Einrichtungen, ihrer Anordnung, ihrer Zahl und ihrer Bedeutung im Verhältnis zum Park insgesamt. Was die Schwimmbecken betrifft, so sei zu berücksichtigen, ob diese sich für die Ausübung sportlichen Schwimmens anbieten, indem sie beispielsweise in Schwimmbahnen unterteilt sind, mit Startblöcken ausgestattet sind und eine angemessene Tiefe und angemessene Ausmaße haben, oder ob sie vielmehr so angelegt sind, dass sie sich im Wesentlichen für eine spielerische Nutzung eignen. Der Umstand, dass sich die Absicht einer bestimmten Zahl von Besuchern nicht auf den derart bestimmten dominierenden Bestandteil der Leistung bezieht, könne diese Bestimmung dagegen nicht in Frage stellen.
Quelle: EuGH online
Hinweis: Im deutschen Recht wurde die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der MwStSystRL nicht vollständig umgesetzt. Gemäß § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG können nur „sportliche Veranstaltungen” die von bestimmten Unternehmern durchgeführt werden, „soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht” von der USt befreit sein. Bereits die bloße Nutzungsüberlassung von Sportgeräten bzw. Sportanlagen fällt nicht hierunter (vgl. NWB FAAAA-95751). Jedoch können sich Steuerpflichtige nach der BFH-Rechtsprechung auf die umfassendere Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der MwStSystRL (bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie) berufen (vgl. NWB IAAAC-85327). Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des EuGH. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Fundstelle(n):
RAAAF-45479