Umsatzsteuer | Kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten (EuGH)
Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, zu vermeiden, eröffnen diesem Unternehmen keinen Anspruch auf Abzug der für die erbrachten Leistungen geschuldeten Mehrwertsteuer als Vorsteuer (; Becker).
Hintergrund: Bei dem deutschen Verfahren (Vorabentscheidungsersuchen des Az. NWB XAAAE-03570) geht es um den Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten. Der BFH fragte den EuGH, ob ein Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich zur Erlangung von Aufträgen möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, aus den zur Abwehr dieser Vorwürfe angefallenen Strafverteidigungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (s. hierzu NWB-Nachricht v. 7.3.2012).
Sachverhalt: Der Kläger war Einzelunternehmer und Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Zwischen dem Kläger und der GmbH bestand eine Organschaft. Das gegen den Kläger eröffneten Strafverfahren wurde später gegen Zahlung eines Geldbetrages eingestellt. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurde der Kläger durch einen Rechtsanwalt vertreten. Auftraggeber des Rechtsanwalts war der Kläger als Beschuldigter und die GmbH. Die Honorarvereinbarung war auf Seiten der Auftraggeber nur für die GmbH, vertreten durch den Kläger unterschrieben und mit dem Firmenstempel der GmbH versehen. Der Rechtsanwalt erteilte über sein Honorar eine an die GmbH adressierte Rechnung. Aus der Rechnung nahm der Kläger -als Organträger der GmbH- im Streitjahr 2005 den Vorsteuerabzug vor. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug zu versagen sei, weil sich die erbrachten Leistungen nicht auf das Unternehmen bezögen.
Hierzu führte der EuGH nun weiter aus:
Für die Feststellung, ob Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet wurden, bestimmt sich das Vorliegen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem konkreten Umsatz und der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen.
Im vorliegenden Fall dienten die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Anwaltsdienstleistungen direkt und unmittelbar dem Schutz der privaten Interessen des Beschuldigten. Die Strafverfolgungsmaßnahmen waren nur gegen ihn persönlich und nicht gegen die GmbH gerichtet, obwohl solche Maßnahmen auch gegen Letztere rechtlich möglich gewesen wären
Die Ausgaben für diese Dienstleistungen können in Anbetracht ihres objektiven Inhalts daher nicht als für die Zwecke der gesamten steuerpflichtigen Tätigkeiten der GmbH getätigt betrachtet werden.
Der Umstand, dass das nationale Zivilrecht ein Unternehmen wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende verpflichtet, die Kosten für die Verteidigung der Interessen seiner Organe in einem Strafverfahren zu übernehmen, ist für die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem unerheblich.
Quelle: EuGH online
Hinweis: Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des EuGH. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Fundstelle(n):
HAAAF-45478