Verfahrensrecht | Rechtsbehelfsbelehrung ohne Hinweis auf Einspruch per E-Mail (BFH)
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die Angaben des § 356 Abs. 1 AO enthält, nicht "unrichtig" i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO ist, wenn sie ergänzend den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (Schriftform) wiedergibt und nicht zugleich auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung durch E-Mail verweist (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 356 Abs. 1 AO ist Voraussetzung für den Beginn der Einspruchsfrist, dass die Behörde über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt. Nach der Rechtsprechung ist die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig, wenn sie die in § 356 Abs. 1 AO vorgeschriebenen Angaben nicht vollständig enthält oder diese unzutreffend bzw. derart unvollständig oder missverständlich wiedergibt, dass hierdurch bei objektiver Betrachtung die Möglichkeit der Fristwahrung gefährdet erscheint (vgl. NWB GAAAA-96351). Es ist derzeit umstritten, ob die Rechtsbehelfsbelehrung eines Steuerbescheids ausdrücklich den Hinweis enthalten muss, dass ein Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden kann. Das FG Niedersachsen hatte dies bejaht (vgl. NWB HAAAD-98984; so auch Nebe, NWB MAAAE-00571).
Hierzu führte der BFH nun weiter aus: Die in dem streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung ist bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht unrichtig. Zwischen den Beteiligten ist nicht in Streit, dass die Rechtsbehelfsbelehrung die in § 356 Abs. 1 AO ausdrücklich angeführten Bestandteile (Belehrung "über den Einspruch", über die Behörde als Adressaten und über die Frist) in der danach notwendigen Form (im konkreten Fall: schriftlich) enthält. Damit ist den gesetzlichen Anforderungen, die an den Inhalt der Belehrung "über den Einspruch" zu stellen sind, genügt. Weiterer über den Wortlaut von § 356 Abs. 1 AO hinausgehender Belehrungen zur Zulässigkeit des Rechtsbehelfs bedarf es nicht, auch nicht über die Form des Rechtsbehelfs. Eine Belehrung entsprechend dem Gesetzeswortlaut ist auch nicht geeignet, bei einem "objektiven" Empfänger die Fehlvorstellung hervorzurufen, die Einlegung eines Einspruchs in elektronischer Form werde den geltenden Formvorschriften nicht gerecht.
Anmerkung: Der BFH weist in seinen Entscheidungsgründen auch darauf hin, dass es im Streitfall nicht darauf ankommt, ob das Finanzamt durch einen direkten Verweis auf eine eigene Homepage oder mittelbar durch den Verweis auf "finanzamt.nrw.de" den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente i.S. des § 87a Abs. 1 Satz 1 AO (ohne Signaturerfordernis) tatsächlich eröffnet hat. Ebenfalls komme es nicht darauf an, ob eine Finanzbehörde durch die Anweisung im sog. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 357 (dort Nr. 1 Satz 2) zur rechtswirksamen Einlegung eines Einspruchs rechtsverbindlich von dem gesetzlichen Erfordernis der qualifizierten Signatur bei einer elektronischen Übermittlung (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO) befreit haben sollte.
Quelle: BFH online
Hinweis: Mit Beschluss v. - NWB EAAAE-24091, NV hatte bereits der Dritte Senat des BFH die Auffassung vertreten, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung durch E-Mail hinweisen muss - und zwar auch dann nicht, wenn die Behörde - bspw. durch Angabe einer E-Mail-Adresse im Briefkopf des Bescheids - konkludent einen "Zugang" i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO eröffnet hat. Beim VIII. Senat des BFH ist bezüglich dieser Rechtsfrage aber noch ein Revisionsverfahren anhängig (BFH-Az. NWB JAAAE-20161).
Fundstelle(n):
XAAAF-45396