Bilanzierung | Rückstellung im Fall einer gegen den Stpfl. angestrengten Klage (FG)
Bei einem klageweise geltend gemachten Anspruch kommt es für eine Rückstellungsbildung nicht auf die Erfolgsaussichten der Klage an. Im Fall eines im Klagewege gegen den Kaufmann geltend gemachten Anspruchs ist grds. immer eine Rückstellung zu bilden (; Revision anhängig).
Hintergrund: Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist eine betrieblich veranlasste und in der Vergangenheit wirtschaftlich verursachte, aber dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten, sofern wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit besteht oder entstehen wird und der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird. Das Bestehen einer ungewissen Verbindlichkeit ist wahrscheinlich, wenn nach den am Bilanzstichtag objektiv gegebenen und bis zur Aufstellung der Bilanz subjektiv erkennbaren Verhältnissen mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Eine Verbindlichkeit, auch eine ungewisse Verbindlichkeit, muss bereits eine wirtschaftliche Belastung darstellen.
Sachverhalt: Im Streitfall war – soweit ersichtlich – u.a. erstmals die Frage zu behandeln, ob es für eine Rückstellungsbildung bei einem gegen den Kaufmann gerichtlich geltend gemachten Anspruch auf die Erfolgsaussichten der Klage ankommt. Die Klägerin war zum durch Verschmelzung im Wege der Neugründung entstanden. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte ihren Gewinn noch durch Bestandsvergleich ermittelt. Im Jahr 2003 war diese auf Rückzahlung eines Beratungshonorars verklagt worden. Im Jahr 2004 schloss die Klägerin diesbezüglich einen Prozessvergleich, in dem sie sich verpflichtete, einen Betrag in Höhe von 50% der Klageforderung in sieben Raten zu entrichten. In ihrer Gewinnermittlung berücksichtigte sie die infolge des Prozessvergleichs gezahlte Rate als laufende Betriebsausgabe. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte in ihrem Jahresabschluss 2003 keine Rückstellung gebildet. Dem entsprechend hatte die Klägerin in dem von ihr ermittelten Übergangsverlust eine (gewinnerhöhende) Auflösung einer solchen Rückstellung auch nicht berücksichtigt.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus: Bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte 2003 wegen des anhängigen Zivilprozesses eine Rückstellung gebildet werden müssen. Da der Ausgang eines Rechtsstreits regelmäßig unsicher ist, muss infolge der Klageerhebung für das Bestehen einer Verbindlichkeit (ebenso wie für die Inanspruchnahme) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bejaht werden. Aufgrund des Vorsichtsprinzips muss der Kaufmann grds. damit rechnen, dass ein für ihn ungünstiges Urteil ergeht, er also den Prozess verliert. Lediglich für Klagen, die dem Grunde und/oder der Höhe nach offensichtlich willkürlich oder erkennbar nur zum Schein angestrengt worden sind, ist eine Ausnahme von der Bilanzansatzpflicht zuzulassen. Die Rückstellung ist grds. mit dem eingeklagten Betrag zu bewerten.
Anmerkung: Im Streitfall musste die bei der Rechtsvorgängerin zu bildende Rückstellung nach Ansicht des Finanzgerichts bei der Klägerin im Streitjahr 2004 gewinnerhöhend berücksichtigt werden. Rückstellungen seien bei der Ermittlung des Übergangsverlusts/Übergangsgewinns wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart gewinnerhöhend zu berücksichtigen, selbst wenn ein bei der Rechtsvorgängerin durch die Rückstellungsbildung entstandener Verlust gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nicht auf die - nunmehr ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelnde - Rechtsnachfolgerin übergeht.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Der Senat hat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 45/12 anhängig.
Fundstelle(n):
DAAAF-45193