Einkommensteuer | Regelmäßige Arbeitsstätte bei dreijähriger Abordnung (FG)
Eine Arbeitsstelle, an die der Steuerpflichtige für einen Zeitraum von 3 Jahren befristet abgeordnet bzw. versetzt wird, ist eine regelmäßige Arbeitsstätte mit der Folge, dass Fahrtkosten zwischen der Wohnung und dieser Arbeitsstelle nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nur begrenzt als Werbungskosten abgezogen werden können (; Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt).
Hintergrund: Regelmäßige Arbeitsstätte ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht ( NWB DAAAD-89818).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle steuerlich im Rahmen der Entfernungspauschale oder nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen sind. Der Kläger ist Finanzbeamter. Aufgrund eines Schreibens der Oberfinanzdirektion wurde er an die Landesfinanzschule Niedersachsen abgeordnet. Der dortige Einsatz wurde befristet.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus: Grundfall der regelmäßigen Arbeitsstätte ist die auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte Arbeitsstätte, auf deren immer gleiche Wege sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken kann. Dies kann etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und auch durch entsprechende Wohnsitznahme geschehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer aus einer ex post Betrachtung tatsächlich an einem bestimmten Ort für längere Zeit tätig gewesen war, sondern ob sich der Arbeitnehmer zu Beginn der jeweiligen Tätigkeit aus ex ante Sicht darauf hatte einrichten können, dort dauerhaft tätig zu sein.
Anmerkung: Im Streitfall stellte die Landesfinanzschule Niedersachsen nach Auffassung des Gerichts die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers dar. Zwar erfolgte die Abordnung befristet, allerdings sollte sich die Tätigkeit auf einen Zeitraum von jedenfalls 3 Jahren erstrecken. Die Tätigkeit an der Landesfinanzschule könne damit nicht mehr nur als gelegentlich oder vorübergehend bezeichnet werden. Vielmehr handelt es sich um eine fortdauernd und immer wieder - über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg - aufgesuchte Einrichtung des Arbeitgebers. Etwas anderes könne (nur) in Fällen gelten, in denen der Steuerpflichtige während der Abordnung „jederzeit“ wieder versetzt werden kann. So hat z.B. das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Versetzung eines Soldaten nicht automatisch dazu führt, dass die neue Dienststelle als regelmäßige Arbeitsstelle anzusehen ist ( NWB MAAAE-09365). Im Streitfall war dies nach Ansicht des Finanzgerichts aber nicht der Fall.
Quelle: FG Niedersachsen online
Hinweis: Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts wurde mittlerweile Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese wird beim BFH unter dem Aktenzeichen BFH-Az. VI B 151/12 geführt. In einem vergleichbaren Fall (dort Versetzung eines Polizeibeamten an ein Polizeiausbildungsinstitut) hat der BFH auf eine entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde hin bereits die Revision zugelassen. Diese wird unter dem Aktenzeichen VI R 59/12 geführt. In geeigneten Fällen können Sie sich daher auf dieses Aktenzeichen berufen. Zwar wurde es noch nicht in die offizielle Anhängigkeitsdatei des BFH aufgenommen. Das FG Münster hat jedoch in seinem aktuellen Newsletter auf das Aktenzeichen hingewiesen (NWB-Nachricht v. 18.12.2012). Den Text der Entscheidung des FG Niedersachsen finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Fundstelle(n):
TAAAF-45192