Einkommensteuer | Getrennte Veranlagung als rechtsmissbräuchliche Gestaltung? (FG)
Die Ausübung des Wahlrechts zur getrennten Veranlagung stellt auch dann keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn der Lohnsteuerabzug nach den Steuerklassen III und V durchgeführt wurde (; Revision wurde nicht zugelassen).
Die Ausübung des Wahlrechts zur getrennten Veranlagung stellt auch dann keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn der Lohnsteuerabzug nach den Steuerklassen III und V durchgeführt wurde (; Revision wurde nicht zugelassen).
Hintergrund: Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, können grds. zwischen getrennter Veranlagung und Zusammenveranlagung wählen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Sachverhalt: Der Lohnsteuerabzug der verheirateten Kläger wurde nach den von ihnen vor etwa 20 Jahren gewählten Lohnsteuerklassen III und V vorgenommen. Nachdem über das Vermögen des Ehemannes das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, beantragten sie mit Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung eine getrennte Veranlagung. Antragsgemäß veranlagte sie das Finanzamt zunächst getrennt. Der Ehemann hatte hiernach eine Nachzahlung zu leisten. Dieser ESt-Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der gegenüber der Ehefrau ergangene Bescheid führte zu einem Erstattungsbetrag. Er erwuchs in Bestandskraft. 2009 hob das Finanzamt die beiden Bescheide auf und veranlagte die Kl. gemeinsam. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass die vorangegangene getrennte Veranlagung gemäß § 42 AO rechtsmissbräuchlich sei. Eine getrennte Veranlagung sei nur gewählt worden, da die hieraus folgende Nachzahlungsverpflichtung des Ehemannes wegen dessen Insolvenz nicht durchsetzbar sei.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus: Das Wahlrecht von Ehegatten auf Zusammenveranlagung oder getrennte Veranlagung kann unbefristet und ohne Bindung an die gewählte Lohnsteuerklasse ausgeübt werden. Die erstmalige Wahl der getrennten Veranlagung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten, obwohl die Lohnversteuerung anhand der Lohnsteuerklassenkombination III/V erfolgte ist, ist jedenfalls dann nicht wegen eines Gestaltungsmissbrauchs gemäß § 42 AO unwirksam, wenn zum Zeitpunkt der Wahl der Lohnsteuerklassen die Insolvenz des Ehegatten noch nicht absehbar war. Zudem war der ESt-Bescheid der Ehefrau nach Eintritt der Bestandskraft nicht änderbar.
Anmerkung: Zwar führt die getrennte Veranlagung im Streitfall – unter Zusammenrechnung der Steuerfestsetzungen gegenüber beiden Ehegatten – zu einer höheren Steuerfestsetzung als eine Zusammenveranlagung. Das Finanzgericht ging jedoch davon aus, dass auch außersteuerlicher Gründe für die Wahl der getrennten Veranlagung bestanden. So werde aus der Wahl der getrennten Veranlagung erkennbar, dass die Ehefrau ihre Vermögensverhältnisse von jenen ihres insolventen Ehemannes getrennt wissen wollte. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kl. im Streitjahr drei minderjährige Kinder zu versorgen hatten, nachvollziehbar. Auch aus dem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg (Urteil v. - NWB EAAAD-45903, Revision beim BFH unter dem Aktenzeichen NWB DAAAD-46440 anhängig) ergebe sich nichts Gegenteiliges. Dort hat das Gericht einen Antrag auf getrennte Veranlagung der Ehefrau nach der Eröffnung eines Nachlasskonkursverfahrens über das Vermögen ihres verstorbenen Ehemannes – zu dessen Erben die Ehefrau gehörte – als Gestaltungsmissbrauch angesehen. Der dortige Sachverhalt sei jedoch mit dem hiesigen nicht vergleichbar, weil im dortigen Verfahren für die Streitjahre zunächst Zusammenveranlagungen beantragt und durchgeführt wurden und die Ehefrau sodann Anträge auf getrennte Veranlagungen stellte. Insofern wurden von der Ehefrau Wahlrechte wiederholt und widersprüchlich ausgeübt. Dies sei im vorliegend nicht der Fall. Vielmehr haben die Kl. bereits mit Abgabe der ESt-Erklärung eine getrennte Veranlagung beantragt.
Quelle: FG Münster online
Hinweis: Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des FG Münster.
Fundstelle(n):
EAAAF-44977