Verfahrensrecht | Unterbrechung des Klageverfahrens durch Insolvenzeröffnung (BFH)
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt ein Klageverfahren unterbrochen - es wird nicht durch die widerspruchslose Eintragung der angefochtenen Steuerforderung in die Insolvenztabelle fortgesetzt (, NV; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt ein finanzgerichtliches Verfahren unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird (§ 240 Satz 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO).
Sachverhalt: Beim Finanzgericht (FG) ist seit dem Jahr 2009 ein Verfahren anhängig, in dem sich der Steuerschuldner (S) gegen die Zuschätzung von Einkünften aus Gewerbebetrieb wandte. Im April 2010 wurde über das Vermögen des S das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren bestellt. Hierdurch wurde das finanzgerichtliche Verfahren unterbrochen (§ 240 Satz 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO). Das Finanzamt meldete die streitigen Steuerforderungen zur Insolvenztabelle an - diese wurden mangels Widerspruchs des Antragstellers festgestellt. Daraufhin erklärte das FA den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Antragsteller gab im finanzgerichtlichen Verfahren keine verfahrensaufnehmende oder beendende Erklärung ab. Das FG lud den Antragsteller zu einer im Juli 2012 terminierten Verhandlung. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er sieht die Ladung nicht lediglich als prozessleitende Verfügung an. Seiner Auffassung nach enthält sie zugleich die Entscheidung des FG, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen. Hintergrund der vom FG beabsichtigten mündlichen Verhandlung sei es, eine Kostenentscheidung zu seinen Lasten zu treffen, die die Insolvenzmasse belasten würde. Er beantragt, die Vollziehung der Entscheidung des FG, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen, aufzuheben - zu Recht, wie der BFH entschied.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Bei summarischer Betrachtung ist die in der Terminsbestimmung und Ladung enthaltene Entscheidung des FG, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen, rechtswidrig. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einer der Beteiligten des unterbrochenen Klageverfahrens dieses nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften (§§ 85, 86, 180, 184 InsO) aufgenommen hätte oder das Insolvenzverfahren beendet wäre.
Nicht anschließen kann sich der Senat der Auffassung des VIII. Senats, nach der die Unterbrechung des Insolvenzverfahrens enden soll, wenn der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Verfahrens ablehnt, was auch durch Anerkennung der ursprünglich streitigen Forderung geschehen kann. Die Entscheidungen, auf die sich der VIII. Senat beruft ( NWB YAAAB-13760 sowie NWB KAAAC-00757), können zur Begründung nicht herangezogen werden. Auch ist die Auffassung nicht vom Wortlaut des § 240 ZPO gedeckt - Anhaltspunkte für eine erweiternde Auslegung der Vorschrift sind nicht ersichtlich.
Das Interesse des FG, Gerichtskosten ansetzen zu können, rechtfertigt es nicht - abweichend von den insolvenzrechtlichen Regelungen - das unterbrochene Verfahren fortzuführen. Für den Antragsteller besteht die Gefahr, dass ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Diese könnten als Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO angesehen werden, womit der Gebührenfiskus besser gestellt würde als alle anderen Gläubiger, obwohl die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Steuerforderung nicht innerhalb des finanzgerichtlichen Verfahrens, sondern auf dem in §§ 174 ff. InsO vorgesehenen insolvenzrechtlichen Wege festgestellt worden ist. Das FG ist nicht daran gehindert, seine Gebührenforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Denn nach des § 9 Abs. 2 Nr. 4 GKG werden die Gebühren und Auslagen auch dann fällig, wenn das Verfahren für sechs Monate unterbrochen war. Im Insolvenzverfahren kommt hinzu, dass gemäß § 41 Abs. 1 InsO nicht fällige Forderungen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens als fällig gelten. Damit steht das FG allen übrigen Insolvenzgläubigern gleich, ist aber nicht als Massegläubiger bevorzugt.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
PAAAF-44460