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Online-Nachricht - Freitag, 03.08.2012

Einkommensteuer | Kapitalbeteiligung durch schuldrechtlichen Erfüllungsanspruch (FG)

Das FG Köln hat u.a. zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen der schuldrechtliche Erfüllungsanspruch aus einem Aktienkaufvertrag eine (wesentliche) Kapitalbeteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG bewirken kann (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 vom Hundert beteiligt war. Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG auch Anwartschaften auf solche Beteiligungen. Mittlerweile ist jedoch geklärt, dass Anwartschaften auf den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ungeachtet ihrer Eigenschaft als möglicher Gegenstand der Veräußerung nicht bei der Bestimmung der wesentlichen Beteiligungshöhe zu berücksichtigen sind (H 17 Abs. 2 EStH). Rechte, mit denen kein Anteil am Nennkapital verbunden ist, können vielmehr nur dann als "Anteile an einer Kapitalgesellschaft" i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG beurteilt werden, wenn sie dem Inhaber eines solchen Rechts eine der Beteiligung am Stammkapital wirtschaftlich vergleichbare Stellung einräumen.
Sachverhalt: Mit einem Aktienkaufvertrag hatte der Kläger zunächst (1999) Stammaktien einer AG erworben (2% des Kapitals der AG). Die dingliche Übertragung der Aktien sollte einige Jahre später (2005) gegen Zahlung eines Kaufpreises i.H.v. 5.120 € erfolgen. Vor dem vereinbarten Zeitpunkt der Übertragung der Anteile vereinbarten der Verkäufer und der Kläger, die Erfüllung des Vertrages zunächst zurückzustellen. Schließlich veräußerte der Verkäufer sämtliche Anteile der AG (einschließlich der von dem Kläger gekauften Anteile) an eine dritte Person. Der Verkäufer leistete daraufhin eine Ausgleichszahlung i.H.v. 300.000 € an den Kläger, die sich der Höhe nach an dem Anteil der von ihm gekauften Anteile am Gesamtkaufpreis für die AG orientierte. Aufgrund dieser Zahlung erklärte der Kläger alle seine Ansprüche aus dem Aktienkaufvertrag als abgegolten.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Der Kläger war hier zu keinem Zeitpunkt am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar „wesentlich“ i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG beteiligt. Im Streitfall kann der schuldrechtliche Anspruch des Klägers auf Erfüllung des Aktienkaufvertrages auch nicht als eine der Beteiligung am Stammkapital wirtschaftlich vergleichbare Stellung und damit als bei der Bestimmung der Höhe der Beteiligung zu berücksichtigender Anteil eingeordnet werden. Wenngleich der Kläger eine betragsmäßig der Wertsteigerung der Anteile entsprechende Ausgleichszahlung erhalten hat, so fehlt es doch an der für einen Gesellschafter typischen mitgliedschaftsrechtlich begründeten Teilhabe am Gewinn und den stillen Reserven. Hintergrund dieser Ausgleichsvereinbarung war keine irgendwie geartete gesellschaftsrechtlich begründete Rechtsstellung des Klägers in Bezug auf die gekauften Anteile, sondern der im Falle einer Unmöglichkeit der Übereignung der Anteile wegen deren anderweitiger Veräußerung bestehende Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 281 BGB) aus dem Kaufvertrag.
Anmerkung: Die Ausgleichszahlung unterlag nach Ansicht des Finanzgerichts auch nicht als Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer. Eine (sonstige) Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Unterlassen oder Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das um des Entgelts willen erbracht wird; ausgenommen sind Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich. Diese Vorgänge sollen nur dann der Einkommensteuer unterliegen, wenn die Voraussetzungen des § 23 EStG (ggf. § 22 Nr. 1 oder § 17 EStG) vorliegen. Im Streitfall war der entgeltliche Verzicht auf den kaufvertraglichen Anspruch auf dingliche Übertragung der Aktien als veräußerungsähnlicher Vorgang zu qualifizieren, der die Besteuerung der Ausgleichszahlung als Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG ausschließt. Mit diesem Verzicht hat der Kläger eine einen  eigenständigen Vermögenswert bildende Rechtsposition in ihrer Substanz endgültig aufgegeben. Mithin liegt eine Vermögensumschichtung (veräußerungsähnlicher Vorgang) vor, die nicht unter § 22 Nr. 3 EStG fällt.
Quelle: FG Köln online
Hinweis: Das Finanzgericht hat im Hinblick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen der schuldrechtliche Erfüllungsanspruch aus einem Aktienkaufvertrag eine (wesentliche) Kapitalbeteiligung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG bewirken kann, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht veröffentlicht worden. Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des FG Köln. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
 


 

Fundstelle(n):
ZAAAF-44422