Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug bei Vereinbarung von Mindestlizenzgebühren (BFH)
Der BFH hat darauf hingewiesen, dass die Frage des Leistungsgegenstandes bei Vereinbarung von sog. Mindestlizenzgebühren höchstrichterlich noch nicht entschieden sei. Er bejahte daher die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage als Voraussetzung für die Zulassung einer Revision. Gleichzeitig gewährte er die Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Haftungsbescheides, dessen Rechtmäßigkeit ebenfalls von dieser Rechtsfrage abhängig war (, NV; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Liegt bei Vereinbarung einer Mindestlizenzgebühr - ungeachtet der konkreten Verwendung der Lizenz - eine Leistung des Lizenzgebers vor, kann die Vereinbarung jährlicher Lizenzgebühren als Vereinbarung einer Teilleistung zu beurteilen sein. Werden dem Lizenznehmer dann Mindestlizenzgebühren zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, könnte dieser den Vorsteuerabzug auch ohne Zahlung in Anspruch nehmen. Handelt es sich bei einer Mindestlizenzgebühr demgegenüber um eine in Rechnung gestellte Abschlagszahlung bzw. um eine Anzahlung (z.B. für die Entwicklung noch herzustellender Waren), so könnte ein Vorsteuerabzug nur in Anspruch genommen werden, wenn eine Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG).
Sachverhalt: Eine GmbH schloss einen Lizenzvertrag ab. Hiernach räumte der "Inhaber eines Patents" der GmbH eine Lizenz für die Herstellung und den Vertrieb bestimmter Waren ein. Die GmbH hatte Lizenzgebühren "in Abhängigkeit von der kumulierten Anzahl der verkauften Waren" zu entrichten. Des Weiteren verpflichtete sich die GmbH "Mindestlizenzgebühren" zu entrichten. Im Dezember wurden der GmbH diese Mindestlizenzgebühren zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Die GmbH reichte eine Voranmeldung ein, in der die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer berücksichtigt wurde. Der Vorsteuerüberhang wurde ausgezahlt. Nachdem festgestellt wurde, dass das Patent zu Unrecht bestand, kündigte die GmbH den Lizenzvertrag fristlos. Die Rechnung blieb unbezahlt. Mit der Umsatzsteuer-Jahreserklärung wurde der Vorsteuerabzug später berichtigt. Der sich hieraus ergebende Rückforderungsanspruch des Finanzamts wurde nicht beglichen. Über das Vermögen der GmbH wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Finanzamt nahm daher den Geschäftsführer der GmbH nach § 71 AO als Steuerhinterzieher in Haftung.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Der Antrag des Geschäftsführers auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Haftungsbescheids ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit. Voraussetzung für die Haftung wäre zunächst, dass der GmbH der Vorsteuerabzug aus der Rechnung über die Mindestlizenzgebühr nicht zustand. Das haben Finanzamt und Finanzgericht mit der Begründung bejaht, bei der Vereinbarung einer Mindestlizenzgebühr handele es sich um Beträge, denen ein fiktiver Verkauf von Waren zugrunde gelegt werde, so dass es sich im Ergebnis um einen in Rechnung gestellten Abschlag bzw. eine Anzahlung für die Entwicklung der aufgrund des Schutzrechts herzustellenden Waren handele. Da die GmbH die Rechnung nicht bezahlt habe, sei der Vorsteuerabzug nicht zulässig gewesen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG). Über die Frage des Leistungsgegenstandes bei der Vereinbarung von Mindestlizenzgebühren ist höchstrichterlich jedoch noch nicht entschieden worden. Das OLG Karlsruhe hat in einer zivilrechtlichen Entscheidung jedenfalls dargelegt, dass der Lizenznehmer zur Zahlung von Lizenzgebühren verpflichtet sei, solange das Patent nicht rechtskräftig für nichtig erklärt ist. Dies gelte selbst dann, wenn sich die materiellen Schutzvoraussetzungen bei späterer Prüfung als nicht vorliegend erweisen (; GRUR-RR-2009, 121). Die Frage der Beurteilung der Mindestlizenzgebühr ist im Streitfall daher entscheidungserheblich. Sie wäre in einem späteren Revisionsverfahren auch klärbar.
Anmerkung: Liegt bei Vereinbarung einer Mindestlizenzgebühr ungeachtet der konkreten Verwendung der Lizenz eine Leistung des Lizenzgebers vor, kann die Vereinbarung jährlicher Lizenzgebühren als Vereinbarung einer Teilleistung zu beurteilen sein (vgl. z.B. Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG § 13 Anm. 145 "Lizenzgebühren") und der Vorsteuerabzug daher auch ohne Zahlung in Anspruch genommen werden. Die Kündigung des Lizenzvertrages hätte dann ggf. nur eine Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG, nicht aber das rückwirkende Entfallen des Vorsteuerabzuges zur Folge (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG).
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
XAAAF-44385