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Online-Nachricht - Donnerstag, 19.07.2012

Umsatzsteuer | Befreiung von Umsätzen der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren (EuGH)

Eine entgeltliche Tätigkeit, bei der ein Unternehmer aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese Entscheidung durch den Kauf und Verkauf der Wertpapiere vollzieht (Portfolioverwaltung), stellt eine einheitliche, steuerpflichtige Leistung dar (; Deutsche Bank AG).


Hintergrund: Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung ist die einheitliche Leistung "Vermögensverwaltung" steuerpflichtig, so dass der Portfolioverwalter seine Leistung gegenüber dem Anleger mit dem Regelsteuersatz von 19% zu versteuern hat (Abschn. 4.8.9. Abs. 2 UStAE). Eine Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG komme nicht in Betracht, weil die Vermögensverwaltung (Portfolioverwaltung) nicht zu den in den MwStSystRL genannten begünstigten Umsätzen gehört. Der BFH ist demgegenüber in einem Einzelfall von der Steuerfreiheit derartiger Leistungen ausgegangen (vgl. NWB PAAAC-69476). Auf dieses Urteil hat die Finanzverwaltung mit einem sog. Nichtanwendungserlass reagiert ( NWB FAAAD-01210). 2010 hat der BFH dem EuGH schließlich u.a. die Frage vorgelegt, ob Banken und andere Vermögensverwalter, die für einzelne Anleger Wertpapiervermögen verwalten (sog. individuelle Portfolioverwaltung), mit diesen Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen ( NWB DAAAD-60644).
Sachverhalt: Die Klägerin erbrachte Leistungen an Privatkunden (Anleger). Im Auftrag der Anleger verwaltete sie Wertpapiere nach der von den Anlegern ausgewählten Strategievariante nach eigenem Ermessen und ohne vorherige Einholung einer Weisung der Anleger und traf alle bei der Verwaltung des Wertpapiervermögens zweckmäßig erscheinenden Maßnahmen. Die Klägerin durfte über die Vermögenswerte (Wertpapiere) im Namen und für Rechnung der Anleger verfügen. Als Vergütung hatte der Anleger pro Jahr eine sog. Teilpauschalvergütung von insgesamt 1,8% des Werts des verwalteten Vermögens zu zahlen, die sich aus einem Anteil für die Vermögensverwaltung von 1,2% des Werts des verwalteten Vermögens und einem Anteil für den An- und Verkauf von Wertpapieren von 0,6% des Vermögenswerts zusammensetzte. Diese Vergütung umfasste auch die Konto- und Depotführung sowie die Ausgabeaufschläge für den Erwerb von Investmentanteilen einschließlich der Investmentanteile an Fonds, die durch Unternehmen der Klägerin verwaltet wurden. Während die Klägerin annahm, dass ihre Leistungen, soweit sie an im Inland und im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Leistungsempfänger erbracht wurden, steuerfrei und, soweit sie an Abnehmer im Drittland erbracht wurden, nicht steuerbar sind, setzte das Finanzamt Umsatzsteuer für diese Leistungen fest.
Hierzu führte der EuGH weiter aus: Eine Leistung der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, d.h. eine entgeltliche Tätigkeit, bei der ein Steuerpflichtiger aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese Entscheidung durch den Kauf und Verkauf der Wertpapiere vollzieht, besteht aus zwei Elementen, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige wirtschaftliche Leistung bilden. Art. 135 Abs. 1 Buchst. f bzw. g MwStSyStRL ist dahin auszulegen, dass eine Vermögensverwaltung mit Wertpapieren wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht gemäß dieser Bestimmung von der Mehrwertsteuer befreit ist. Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSyStRL (alte Fassung zur Ortsbestimmung) ist dahin auszulegen, dass er nicht nur die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSyStRL genannten Leistungen umfasst, sondern auch die Leistungen der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren.
Quelle: EuGH online
Hinweis: Das o.g. Urteil erging hinsichtlich der Ortsbestimmung zur alten Rechtslage. Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSyStRL a.F. bestimmte u.a., dass als Ort der Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze, die an außerhalb der Gemeinschaft ansässige Dienstleistungsempfänger erbracht werden, der Ort gilt, an dem der Dienstleistungsempfänger (…) sein Wohnsitz oder sein gewöhnlicher Aufenthaltsort hat (s. hierzu auch § 3a Abs. 3 i.V. mit Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG in der Fassung bis 2009). Die Regelungen zum Ort der sonstigen Leistungen haben sich zwischenzeitlich mehrfach geändert. Für den Leistungsbezug durch Nichtunternehmer im Drittland ist es aber grds. bei der o.g. Ortsbestimmungen geblieben (Art. 59 MwStSyStRL).
 


 

Fundstelle(n):
RAAAF-44361