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Online-Nachricht - Montag, 16.07.2012

Einkommensteuer | Erstattungszinsen nicht notwendig steuerbar (FG)

Der 2. Senat des Finanzgerichts Münster hat in zwei am veröffentlichten Urteilen klargestellt, dass Zinsen, die der Fiskus auf Steuererstattungen zahlt (sog. Erstattungszinsen), ungeachtet der durch das Jahressteuergesetz 2010 eingefügten Neuregelung nicht steuerbar sind. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind, in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren ( und 2 K 1950/00 E; Revision zugelassen).

Hintergrund: Der BFH hatte 2010 zunächst entschieden, dass Erstattungszinsen nach § 233a AO beim Empfänger nicht der Besteuerung unterliegen, soweit sie auf Steuern entfallen, die gemäß § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind ( NWB TAAAD-51331). Als Reaktion auf diese Rechtsprechung hatte der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2010 eine „klarstellende“ Regelung in das Gesetz aufgenommen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG). Hiernach unterliegen erstattete Einkommensteuerzinsen der Besteuerung. Nachzahlungszinsen, die Steuerpflichtige an das Finanzamt zahlen müssen, können jedoch weiterhin nicht steuerlich geltend gemacht werden. Gemäß § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG ist die Gesetzesänderung in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.
Sachverhalt: In den Streitfällen hatten die Kläger in den Jahren 1992 bzw. 1996 Erstattungszinsen (§ 233a AO) in erheblicher Höhe erhalten. Zugleich hatten sie in ihrer Steuererklärung auch Nachzahlungszinsen geltend gemacht. Das Finanzamt besteuerte die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen und berücksichtigte die Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben. Im Jahr 2010 beantragten die Kläger sodann unter Hinweis auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofes, die Erstattungszinsen steuerfrei zu stellen. Verfahrensrechtlich war dies noch möglich, da die angefochtenen Bescheide aufgrund von Einspruchs- und Klageverfahren noch nicht bestandskräftig und damit noch änderbar waren.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus: Der Gesetzgeber habe mit § 12 Nr. 3 EStG die Grundentscheidung getroffen, Erstattungszinsen zur Einkommensteuer dem nichtsteuerbaren Bereich zuzuweisen. Dies habe auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung v. so gesehen. Soweit der Bundesfinanzhof dies auch unter Hinweis auf den ab 1999 bestehenden Gleichklang zwischen der Steuerfreiheit von Erstattungszinsen einerseits und der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen andererseits begründet habe, folge hieraus nicht, dass Erstattungszinsen steuerbar seien, solange Nachzahlungszinsen – wie in den Streitjahren – noch als Sonderausgaben abzugsfähig gewesen seien. Ein solcher Umkehrschluss verstieße gegen die Grundentscheidung des § 12 Nr. 3 EStG und stellte eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar.
Anmerkung: Auf die Frage, ob die durch das Jahressteuergesetz 2010 als Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes neu eingefügte Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG, die Erstattungszinsen ausdrücklich den Einkünften aus Kapitalvermögen zuordne, auch rückwirkend auf die Streitjahre Anwendung finde, komme es - so der 2. Senat - nicht an. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sei keine Spezialregelung gegenüber § 12 Nr. 3 EStG. Vielmehr gehe § 12 Nr. 3 EStG als eine den einzelnen Einkunftsarten systematisch vorangestellte Vorschrift § 20 Abs. 1 EStG vor. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht jedoch die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht veröffentlicht worden. Die Texte der Entscheidungen finden Sie auf den Internetseiten des FG Münster.
Quelle: FG Münster, Pressemitteilung v.
Hinweis: Der BFH hatte bereits in einem im Februar 2012 veröffentlichten Beschluss ernstliche Zweifel daran geäußert, ob 2008 zugeflossene Erstattungszinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 der Steuer unterliegen. Die Zweifel würden insbesondere wegen der rückwirkenden Anwendung der Vorschrift bestehen ( NWB XAAAE-02345).
 

 

Fundstelle(n):
XAAAF-44320