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Online-Nachricht - Donnerstag, 12.07.2012

Einkommensteuer | Zur Vergleichsrechnung Kinderfreibetrag oder Kindergeld (BFH)

Die Vergleichsrechnung ist auch dann für jedes Kind einzeln durchzuführen, wenn bei Anwendung der sog. Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) die zusammengefasste Gewährung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG vorteilhafter sein sollte (BFH, Urteil v. v - III R 50/08, NV; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 31 Satz 1 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld bewirkt. Welche der beiden Alternativen im Einzelfall zutrifft, bestimmt sich nach § 31 Satz 4 EStG. Hiernach sind die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG abzuziehen, wenn das Kindergeld die gebotene steuerliche Freistellung nicht in vollem Umfang bewirkt; in diesem Fall wird das gezahlte Kindergeld der Einkommensteuer hinzugerechnet (§ 36 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die gebotene steuerliche Freistellung wird nicht in vollem Umfang bewirkt, wenn das Kindergeld geringer ist als die Entlastung, die bei Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG eintritt. Die Systematik des Gesetzes erfordert daher eine Vergleichsrechnung. Bei mehreren zu berücksichtigenden Kindern stellt sich die Frage, ob die Vergleichsrechnung für jedes Kind einzeln (Einzelbetrachtung) oder für alle Kinder gemeinsam unter Zusammenfassung aller Freibeträge und Hinzurechnung des gesamten Kindergeldes (Gesamtbetrachtung) durchzuführen ist.
Sachverhalt: Das Finanzgericht München hatte in der Vorinstanz u.a. ausgeführt, dass sich die von der Finanzverwaltung praktizierte Günstigerprüfung (R 31 Abs. 1 EStR 2008), wonach bei mehreren Kindern die Vergleichsrechnung für jedes Kind einzeln durchzuführen sei, nur bei ausschließlicher Anwendung des Grund- oder Splittingtarifs als richtig erweise. Etwas anderes könne sich bei Hinzutreten der Tarifvergünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG ergeben. Dementsprechend sei im Streitfall die kumulative Gewährung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG unter Hinzurechnung des ausgezahlten Kindergeldes für die Kläger vorteilhafter als die Einzelbetrachtung. Hiergegen hatte das Finanzamt Revision beim BFH eingelegt.
Hierzu führt der BFH weiter aus: Die Revision des Finanzamtes ist begründet. Die im Regelfall für den Steuerpflichtigen günstigere Einzelbetrachtung stellt die gesetzlich vorgegebene Berechnungsmethode dar. Die Vergleichsrechnung ist auch dann für jedes Kind einzeln durchzuführen, wenn bei Anwendung der sog. Fünftelregelung die zusammengefasste Gewährung der Kinderfreibeträge vorteilhafter sein sollte. Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Gesichtspunkt, die Beschränkung der Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG auf die Einzelbetrachtung bedürfe bei Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG einer gesetzlichen Regelung. Vielmehr ergibt sich aus § 31 Satz 1 EStG und § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, dass die Vergleichsrechnung für jedes Kind einzeln durchzuführen ist. Die Einzelbetrachtung führt schließlich auch nicht zu einer verfassungswidrigen Besteuerung. Die hieran in der Literatur geäußerte Kritik (vgl. Siegel, Deutsche Steuer-Zeitung 2010, 859, 865 f.) enthält keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte, die der Senat bei seiner Entscheidung noch nicht geprüft hat. Er hält daher auch an der Auffassung fest, dass der durch § 34 Abs. 1 EStG ausgelöste Anstieg der Steuerprogression weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen das Verbot konfiskatorischer Besteuerung (Art. 14 Abs. 1 GG) verstößt.
Quelle: NWB Datenbank
 

 

Fundstelle(n):
SAAAF-44313