Insolvenzrecht | Restschuldbefreiung für Hinterziehungszinsen (BFH)
Hinterziehungszinsen sind keine Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i.S. des § 302 Nr. 1 InsO. Sie sind deshalb nicht von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 302 Nr. 1 InsO werden von der Erteilung der Restschuldbefreiung Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht berührt, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO angemeldet hatte.
Sachverhalt: Der Kläger wurde im Juni 2009 wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Dezember 2007 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Ende Dezember 2009 meldete das Finanzamt (FA) Hinterziehungszinsen gemäß § 235 AO gemäß § 174 Abs. 2 InsO zur Insolvenztabelle an. Mit Bescheid vom stellte das FA die vom Kläger bestrittenen Forderungen gemäß § 251 Abs. 3 AO als Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gemäß § 302 Nr. 1 InsO fest. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Das FG hat den Feststellungsbescheid zu Recht aufgehoben. Nach dem Senatsurteil vom - NWB KAAAC-93286 sind hinterzogene Steuern keine Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Gleiches gilt entgegen der Auffassung des FA für Hinterziehungszinsen. § 302 Nr. 1 InsO beruht auf dem vollstreckungsrechtlichen Gedanken, dass der Schuldner, gegen den Forderungen aus unerlaubten Handlungen bestehen, wegen dieser Forderungen weniger schutzwürdig ist. Deshalb ist dem Insolvenzschuldner für Forderungen aus unerlaubten Handlungen die Restschuldbefreiung zu versagen. Ebenso wie der auf einer Steuerhinterziehung beruhende Steueranspruch resultieren jedoch auch die Hinterziehungszinsen nicht auf einer unerlaubten Handlung. Sie entstehen nur, wenn die auf einem Steuertatbestand - und nicht auf einer unerlaubten Handlung - beruhende Hauptforderung entstanden ist. Somit hängt der Zinsanspruch vom Entstehen des auf einer Steuerhinterziehung beruhenden Steueranspruchs ab. Er knüpft damit an die auf einer Steuerhinterziehung beruhenden Steuerschulden an, die - wegen der Akzessorietät des Zinsanspruchs - entstanden sein müssen. Dieses zusätzliche Erfordernis muss ein bloßer Deliktsanspruch nicht erfüllen. Deshalb teilt die Zinsforderung das Schicksal der Hauptforderung und kann nicht als aus einer unerlaubten Handlung resultierender Anspruch angesehen werden.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
NAAAF-44024