Sozialrecht | Volle Fahrtkostenerstattung bei Einladung durch Job-Center (LSG)
Fahrtkosten, die einem Bezieher von Arbeitslosengeld-II dadurch entstehen, dass er einem Meldetermin beim Job-Center nachkommt, müssen in voller Höhe erstattet werden (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil v. - L 11 AS 774/10).
Sachverhalt: Das beklagte Jobcenter hatte die Klägerin, eine Hartz-IV-Empfängerin, zu einer persönlichen Vorsprache eingeladen. Dafür erstattete das Jobcenter als Fahrkosten 5.34 €. Es legte dabei die kürzeste Fahrtstrecke von 19 km sowie die nach dem durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch und dem tagesaktuellen Tankstellenpreis ermittelten Benzinkosten zu Grunde. Dagegen wandte sich die Klägerin. Sie habe witterungsbedingt eine um 2 km längere, aber sichere und schnellere Fahrtstrecke genommen. Die tatsächlichen Kosten lägen über den reinen Spritkosten. Schließlich hätte eine zeitaufwendige Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln 8,80 € gekostet. Die Klage auf vollständige Übernahme der Reisekosten hatte in zweiter Instanz vor dem LSG Erfolg.
Hierzu führten die Richter weiter aus: Wer zu einem Meldetermin eingeladen wird, hat dem zwingend zu folgen. In der Folge muss das einladende Job-Center auch die Fahrtkosten erstatten. Die Erstattungshöhe steht zwar im Ermessen der Behörde, das von den Gerichten grundsätzlich nur eingeschränkt geprüft werden kann. Allerdings liegt hinsichtlich des Ermessens, "ob" der Klägerin Fahrtkosten zur Wahrnehmung eines Meldetermins nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III zu erstatten sind, eine sog. Ermessensreduzierung auf Null vor. Auch bezüglich der Höhe ist von einer "Ermessensreduzierung auf Null" auszugehen. Es ist bei Beziehern von Arbeitslosengeld-II regelmäßig keine andere ermessensgerechte Entscheidung denkbar, als die notwendigen Kosten zu übernehmen. Insofern ist im Hinblick auf die Bedürftigkeit der Klägerin die vollständige Kostenübernahme angezeigt, insbesondere auch wegen der drohenden Sanktionsfolge bei Nichtwahrnehmung des Termins. Für ein Abweichen von diesem Regelfall bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Liegen wie im Streitfall nachvollziehbare Gründe vor, ist zudem nicht die kürzeste, sondern die verkehrsgünstigste Fahrtstrecke maßgeblich. Bei Benutzung eines PKW richtet sich die Erstattungshöhe nach dem Bundesreisekostengesetz und umfasst nicht nur die Benzinkosten.
Quelle: Bayerisches Landessozialgericht online
Anmerkung: Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des Bayerischen Landessozialgerichts unter sozialgerichtsbarkeit.de veröffentlicht.
Fundstelle(n):
JAAAF-43973