Einkommensteuer | Wesentliche Beteiligung i.S.d. § 17 EStG a.F. (BFH)
Werden im Rahmen mehrerer zeitgleich abgeschlossener, korrespondierender Verträge GmbH-Anteile übertragen und deren Höhe durch eine Kapitalerhöhung auf genau 25 % reduziert, so vermittelt die der Kapitalerhöhung vorgreifliche Anteilsübertragung kein wirtschaftliches Eigentum an einer wesentlichen Beteiligung, wenn nach dem Gesamtvertragskonzept die mit der übertragenen Beteiligung verbundenen Rechte von vorneherein nur für eine Beteiligung von genau 25 % übergehen sollten (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen gehalten hat. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F.).
Sachverhalt: Die Kläger wurden 1997 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Streitig ist, ob die Veräußerung der Anteile an der "R-GmbH" und der "O-GmbH" seitens der Klägerin gemäß § 17 des EStG a.F. steuerbar ist und ggf. in welcher Höhe ein Veräußerungsgewinn entstanden ist.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Die Klägerin war innerhalb der letzten fünf Jahre weder am Kapital der R-GmbH noch am Kapital der O-GmbH wesentlich beteiligt. Die hat vor den Kapitalerhöhungen der Gesellschaften keine tatsächliche Verfügungsbefugnis über eine Beteiligung von über 25 % erworben. Vielmehr wurde in Gestalt der Anteilsübertragungen und Kapitalerhöhungen von vorneherein ein endgültiger Anteilserwerb der Klägerin von 25 % vereinbart. Zu keinem realen Zeitpunkt hatte die Klägerin die tatsächliche Möglichkeit, aus einer wesentlichen Beteiligung von über 25 % resultierende Rechte auszuüben oder durchzusetzen. Während des Abschlusses der Vereinbarungen bestand die Position der Klägerin allein in der im Rahmen der vertraglichen Gesamtkonzeption vorgesehenen und insoweit gebundenen Mitwirkung an der Herstellung der vorweg vereinbarten Gesellschaftsstruktur unter Reduzierung der eigenen Beteiligungsquote. Die aus ihrer Beteiligung im Vorfeld der Kapitalerhöhungen resultierenden Verwaltungsrechte konnte die Klägerin ausschließlich in Gestalt einer entsprechend gebundenen Stimmrechtsausübung wahrnehmen. Von vornherein sollten jeder Partei genau 25 % der Anteile an den beiden Gesellschaften verschafft werden. Für die tatsächliche Wahrnehmung von vermögensrechtlichen Ansprüchen aus einer Beteiligung von über 25 % ließ die konkrete Vertragsgestaltung keinerlei Raum.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Indem der BFH vorliegend dem aufgrund des Gesamtvertragswerks wirtschaftlich Gewollten die entscheidende Bedeutung beimisst, distanziert er sich von seiner früheren Rechtsprechung, die in vergleichbaren Zusammenhängen "formal-rechtlichen Aspekten" noch ein stärkeres Gewicht beigemessen hatte. Danach reicht ein lediglich "technischer Durchgangserwerb" für die Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums an einer wesentlichen Beteiligung nicht mehr aus.
Fundstelle(n):
OAAAF-43685