Körperschaftsteuer | Abschaffung der Mehrmütterorganschaft (BFH)
Wurde in Fällen der sog. Mehrmütterorganschaft der Gewinnabführungsvertrag vor dem abgeschlossen, so ist § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StVergAbG verfassungskonform in der Weise auszulegen, dass die Voraussetzung der verschärfenden Neuregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG i.d.F. des StVergAbG, nach der die Organträger-Personengesellschaft selbst mehrheitlich an der Organgesellschaft vom Beginn deren Wirtschaftsjahres an beteiligt sein muss, jedenfalls dann als erfüllt anzusehen ist, wenn die bisher im Sonderbetriebsvermögen bei der Organträger-Personengesellschaft gehaltenen Anteile vor Ablauf des ersten nach Verkündung des StVergAbG endenden Wirtschaftsjahres in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft mit der Folge einer mehrheitlichen Beteiligung i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG i.d.F. des StVergAbG übertragen werden (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Klägerin, eine KG, schloss am als Organträgerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (im Folgenden: GAV) mit der P-GmbH als Organgesellschaft. Die P-GmbH verpflichtete sich, ab ihren gesamten Gewinn an die Klägerin abzuführen. Die Klägerin verpflichtete sich, die während der Vertragsdauer entstehenden Fehlbeträge auszugleichen. Der Vertrag galt bis und verlängerte sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er fristgerecht gekündigt wurde. Eine vorzeitige Kündigung war dem GAV zufolge nur aus wichtigem Grund möglich. Die Anteile an der P-GmbH standen zu 19,05 % der Klägerin und zu 33,33 % deren Mehrheitsgesellschafter A.P. zu. Die Anteile der Klägerin sind ihr von den weiteren GmbH-Gesellschaftern - J.P. und K.P. - abgetreten worden. Mit Wirkung ab wurden die Beteiligungen von der Klägerin zurückübertragen. Das Finanzamt ging für die Jahre 2001 und 2002 von einer Organschaft gemäß den §§ 14 ff. des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1999/2002 i.V.m. § 2 Abs. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) 1999/2002 aus. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erkannte das FA aufgrund der Änderung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch das StVergAbG die Organschaft nicht mehr an, da die Neuregelung ab dem VZ 2003 zu beachten sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg, die Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Die Regelung des § 34 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Nr. 2 Satz 3 KStG n.F. ist nicht verfassungswidrig. Ihr Wortlaut ist im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin einzuschränken, dass Organschaftsverhältnisse, denen ein vor dem abgeschlossener Gewinnabführungsvertrag zugrunde liegt, jedenfalls dann, wenn das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, nach Maßgabe der weiteren Voraussetzungen des § 14 KStG 2002 n.F. auch dann im VZ 2003 steuerrechtlich anzuerkennen sind, wenn die die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft begründenden Anteile spätestens zum in das Gesamthandsvermögen der Organträger-Personengesellschaft übertragen worden sind. Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Bestimmungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 und Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 KStG n.F. zwar insoweit eindeutig und damit nicht auslegungsfähig sind, als die verschärfende Neuregelung zur finanziellen Eingliederung von Organgesellschaften in Organträger-Personengesellschaften ab VZ 2003 auch für zuvor begründete Organschaftsverhältnisse gelten sollte. Nicht bedacht hat der Gesetzgeber aber offenkundig, dass die Neuregelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG n.F. auf die mit dem StVergAbG nicht veränderte Bestimmung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG n.F.) verweist und damit erfordert, dass nach dem Gesetzeswortlaut auch für den VZ 2003 die verschärften Anforderungen der finanziellen Eingliederung bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft - im Falle eines mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahres bereits am - erfüllt sein müssen. Da nicht angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber eine solche verfassungswidrige Anwendungsbestimmung habe treffen wollen, ist von einer verdeckten Regelungslücke auszugehen und diese im Wege der Rechtsfortbildung dahin zu schließen, dass es für die fortdauernde steuerliche Anerkennung von Organschaftsverhältnissen in den vorbezeichneten Altfällen genügt, wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 KStG n.F. zum Ende des ersten Wirtschaftsjahres 2003 der Organgesellschaft (hier: also zum ) erfüllt waren.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
XAAAF-43656