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Online-Nachricht - Mittwoch, 22.02.2012

Einkommensteuer | Fehlende Einkünfteerzielungsabsicht bei Verzugszinsen (BFH)

Zivilrechtliche Verzugs- oder Prozesszinsen sind bei steuerlicher Betrachtung Entgelte für die unfreiwillige Vorenthaltung von Kapital und damit Kapitalerträge i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Fordert ein Schuldner den in Erfüllung einer vermeintlichen privaten Schuld geleisteten Geldbetrag erfolgreich zurück, so sind die neben der Rückzahlung geleisteten Verzugszinsen nicht der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn ihnen Zinsen in übersteigender Höhe gegenüberstehen, die durch die Refinanzierung der ursprünglichen Zahlung veranlasst waren (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger wurde zu Unrecht für mehreren Bürgschaften in Anspruch genommen. Die Zahlungen hierfür finanzierte er durch Darlehen. Anschließend verklagte er den Bürgschaftsgläubiger erfolgreich auf Rückzahlung. In diesem Prozess erstritt er die Bürgschaftssumme nebst Verzugszinsen. Die Zinsen erfasste das Finanzamt als Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Kläger entstandenen Darlehenszinsen zur Finanzierung der Bürgschaftszahlung ließ es dagegen wegen fehlenden Zusammenhangs mit den vereinnahmten Verzugszinsen unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem BFH Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Grundsätzlich sind Verzugszinsen (§ 286 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB) und auch Prozesszinsen (§ 291 BGB) Kapitalerträge i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (vgl. NWB CAAAB-02335 und v. - NWB JAAAA-95096). Vorliegend sind die gerichtlich zugesprochenen Zinsen jedoch nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen, da ihnen hohe Zinsaufwendungen gegenüberstanden, sodass der Kläger insoweit keinen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erzielen konnte. Im Ergebnis hat sich seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht erhöht. Im Streitfall war der von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG geforderte wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den erstrittenen Verzugszinsen und den vom Kläger geleisteten Schuldzinsen gegeben. Ursprünglich dienten die Geldleistungen des Klägers an den Bürgschaftsgläubiger zwar der Erfüllung seiner Pflichten aus den Bürgschaftsübernahmen. Auch die Aufnahme der Refinanzierungsdarlehen diente zunächst diesem Erfüllungszweck. Dieser ursprüngliche Veranlassungszusammenhang (Tilgung einer Schuld gegenüber dem Gläubiger) wurde jedoch durch einen neu begründeten anderen Veranlassungszusammenhang überlagert, der objektiv darin bestand, den Bereicherungsanspruch des Klägers aus §§ 812 ff. BGB zu finanzieren.

Anmerkung: Der BFH weist ferner darauf hin, dass es bei einer erzwungenen Kapitalüberlassung zur Begründung des erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Kreditaufnahme und späteren Zinseinnahmen ausreicht, wenn das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen und verwendet worden ist, um die (letztlich nicht gerechtfertigte) Forderung zu erfüllen. In derartigen Fällen - wie auch im Streitfall - erfordert die Abzugsfähigkeit keine besondere subjektive Bestimmung der Schuldzinsen für Zwecke der Erzielung von Verzugszinsen. Da es bei einer erzwungenen Kapitalüberlassung hinsichtlich der deswegen an den Überlassenden gezahlten Zinsen nur auf den objektiven Tatbestand einer Steigerung der Leistungsfähigkeit ankommt und eine diesbezügliche Einkünfteerzielungsabsicht nicht erforderlich ist (u.a. NWB PAAAB-76221), sind auch die mit dieser Einkünfteerzielung zusammenhängenden Aufwendungen anhand des objektiven Tatbestands zu ermitteln. Folglich ist nicht rückschauend zu prüfen, ob der Kläger subjektiv einen Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und möglicherweise künftig anfallenden (höheren oder niedrigeren) Zinseinnahmen hergestellt hat.

Quelle: NWB Datenbank 

 

Fundstelle(n):
GAAAF-43520