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Online-Nachricht - Freitag, 03.02.2012

Einkommensteuer | Verpflegungsmehraufwendungen bei einer sog. Fahrtätigkeit (FG)

Ein einer Fährstelle des Nord-Ostsee-Kanals zugewiesener Arbeiter übt keine Fahrtätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG aus und kann deswegen keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend machen ().


Hintergrund: Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1 EStG, der für die Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nicht selbstständiger Tätigkeit gemäß § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß anzuwenden ist, sind Mehraufwendungen für die Verpflegung grds. nicht als Werbungskosten abziehbar. Eine Ausnahme davon gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige auf einem Fahrzeug tätig wird (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG). Der BFH hat in diesem Zusammenhang zur Auswärtstätigkeit eines Seemannes entschieden, dass ein auf einem Schiff eingesetzter Seemann eine Fahrtätigkeit ausübt und sich auf Auswärtstätigkeit befindet (vgl. NWB KAAAD-80475).
Sachverhalt: Der Kläger ist Arbeiter beim Wasser- und Schifffahrtsamt. Im Rahmen seines Arbeitsvertrages wurde er als Fährdecksmann einer Fährstelle zugewiesen. Bei einer „Fährstelle“ handelt es sich um einen historisch geprägten Begriff, der die Fähranleger des Nord-Ostsee-Kanals, die Fähre selbst und deren Besatzung umfasst. Die Fähre fährt rund um die Uhr. Parkplätze zum Parken für die auf der Fähre Beschäftigten sind sowohl auf der Nord- als auch auf der Südseite des Kanals vorgesehen. Der Kläger arbeitet in Schichten. Mit seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger, Mehraufwendungen für Verpflegung aus Anlass einer Fahrtätigkeit als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Eine Fahrtätigkeit liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Fahrten nicht von einem Tätigkeitsmittelpunkt im Sinne einer regelmäßigen Arbeitsstätte antritt. Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauernd angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Regelmäßige Arbeitsstätte ist im Regelfall eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig aufsucht. Eine ortsfeste Betriebsstätte stellt auch dann eine regelmäßige Arbeitsstätte dar, wenn der Arbeitnehmer diesen Ort stets nur aufsucht, um die täglichen Aufträge entgegen zu nehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten oder wenn er dort ein Dienstfahrzeug übernimmt, um damit anschließend von der einen Arbeitsstätte aus eine Auswärtstätigkeit (Fahr- oder Einsatzwechseltätigkeit) anzutreten. Im Streitfall übt der Kläger nach Überzeugung des Senats keine Fahrtätigkeit aus. Vielmehr tritt der Kläger seinen Dienst immer über dieselben Fähranleger an. Die Fähranleger sind Teil der Arbeitsstätte des Klägers, nämlich der „Fährstelle”. Dieser Arbeitsstätte ist der Kläger arbeitsvertraglich zugeordnet. Sofern denn in Bezug auf die Pendeltätigkeit der Kanalfähre zwischen den zwei Fähranlegern begrifflich überhaupt von einer Fahrtätigkeit im Sinne der Regelungen zu den Verpflegungsmehraufwendungen gesprochen werden kann, würde diese Fahrtätigkeit jedenfalls von einem Tätigkeitsmittelpunkt, der eine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt, angetreten werden. Dabei ist es unmaßgeblich, wie lange sich der Kläger an den Fähranlegern aufhält und ob er sich dort verpflegen kann. Ausreichend und entscheidend ist, dass der Kläger seinen Dienst notwendig und sich ständig wiederholend von diesem Ort antritt und den Dienst auch an diesem Ort beendet. Damit unterscheidet sich der Kläger nicht von einem Linienbusfahrer, der seinen Fahrdienst regelmäßig an einem Busdepot beginnt (vgl. hierzu NWB-Nachricht v. 20.5.2010).
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Nach den Reformvorschlägen des Finanzministeriums (BMF-Projekt „ReiKoRef“) soll zukünftig der unbestimmte Rechtsbegriff der regelmäßigen Arbeitsstätte durch eine konkrete gesetzliche Definition ersetzt werden. Dabei sollen die Fahrtkosten zur „ersten“ Tätigkeitsstätte wie bisher (nur) in beschränktem Umfang als Werbungskosten abziehbar sein. Bei einer Fahrtätigkeit soll die Fahrt zur Fahrzeugübernahme grds. wie eine Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte behandelt werden. Zur Reform der Verpflegungsmehraufwendungen werden gleich mehrere Modelle vorgeschlagen (siehe hierzu NWB ReformRadar). 


 

Fundstelle(n):
IAAAF-43408

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