Verfahrensrecht | Rückruf einer Überweisung auf gekündigtes Konto (BFH)
Überweist das Finanzamt eine Steuererstattung auf ein früheres, inzwischen von der Bank gekündigtes Kontokorrentkonto des Steuerpflichtigen, obwohl dieser dem Finanzamt zuvor ein anderes Konto benannt hatte, kann das Finanzamt den Erstattungsbetrag nicht von der Bank zurückfordern, wenn diese den Erstattungsbetrag mit einem Schuldensaldo auf dem betreffenden Konto verrechnet hat (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO hat derjenige, auf dessen Rechnung gezahlt worden ist, gegen den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages, wenn ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist.
Sachverhalt: A unterhielt mit der Klägerin, einer Bank, Geschäftsverbindungen. U.a. war für A ein Girokonto eingerichtet, das als Geschäftskonto fungierte. Die Bank hatte im Mai den Girovertrag mit A gekündigt. Zu diesen Zeitpunkten bestand u.a. ein Schuldsaldo auf dem Kontokorrentkonto. Auf dieses Konto, das A zunächst gegenüber dem Finanzamt angegeben hatte, überwies das Finanzamt den Steuererstattungsanspruch, obwohl A dem Finanzamt zuvor eine neue Kontoverbindung mitgeteilt hatte. Die Bank verrechnete die Gutschrift mit dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Schuldsaldo. Nachdem das Finanzamt die fehlerhafte Überweisung bemerkt hatte, erließ es gegen die Bank einen Rückforderungsbescheid.
Hierzu führt der BFH weiter aus: Im Streitfall war nicht die Bank die Empfängerin der Leistung des Finanzamts, sondern A war - als Inhaber des Steuererstattungsanspruches - Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO. Das Finanzamt hat daher keinen Rückzahlungsanspruch gegen die Bank gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO. Nimmt eine Bank berechtigterweise eine Zahlung entgegen und verbucht sie die Zahlung auf dem Kundenkonto, so verhält sie sich entsprechend ihrer nachwirkenden Verpflichtung aus der Kontokorrentabrede, unabhängig davon, ob sich das Konto im Soll oder im Haben befindet. Indem die Bank im Streitfall den vom Finanzamt überwiesenen Betrag entsprechend dem Überweisungsauftrag auf dem Konto des A verbucht und mit dem bestehenden Schuldsaldo verrechnet hat, hat sie für den früheren Kontoinhaber gehandelt und die Überweisung offenkundig nicht etwa als Zahlung an sich angesehen. Ob die Bank im Innenverhältnis zu A berechtigt war, die Gutschrift zu verrechnen oder ob A aus einem abstrakten Schuldversprechen bzw. -anerkenntnis gemäß §§ 780 f. BGB oder unmittelbar aus §§ 667, 681 Satz 2, § 677 BGB einen - ggf. pfändbaren - Anspruch auf Herausgabe des Betrags hatte, ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich und bedarf deshalb keiner Erörterung.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Soweit der Senat in früheren Entscheidungen eine andere Auffassung vertreten hat (s. z.B. BFH, Beschlüssen v. - NWB AAAAB-17841 und v. - NWB VAAAA-71018, m.w.N.), hält er daran nicht fest. Nicht zu entscheiden hatte der Senat bei der gegebenen Fallgestaltung, ob das Finanzamt einen zivilrechtlichen Kondiktionsanspruch gegen die Bank hätte, wenn diese die eingegangene Überweisung etwa zur Tilgung eines noch valutierenden Darlehens verwendet hätte.
Fundstelle(n):
SAAAF-43302