Einkommensteuer | Ausbildungskosten als vorweggenommene Betriebsausgaben (FG)
Die Aufwendungen für ein Erststudium sind als vorweggenommene Betriebsausgaben absetzbar (; nicht rkr.).
Hintergrund: Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die nach § 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb veranlasst sind. Die betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Betrieb besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Betriebs geleistet werden (u.a. NWB SAAAD-00290).
Sachverhalt: Die Klägerin machte die Aufwendungen für ihr Erststudium der Slawistik und Kunstpädagogik als vorweggenommene Betriebsausgaben i.H.v. rund 10.700 € geltend. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich 4.000 € als unbeschränkte Sonderausgaben. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Hierzu führten die Richter weiter aus: Der Anerkennung der Kosten steht nach neuer Rechtsprechung des BFH auch nicht § 12 Nr. 5 EStG entgegen, der erstmalig auch im Streitjahr 2004 zu berücksichtigen ist ( NWB SAAAD-89061; NWB CAAAD-89062; NWB LAAAD-90763), auch wenn die Finanzverwaltung die Entscheidungen bisher nicht für anwendbar erklärt hat. Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist". § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt. § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr - wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG - unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Im Ergebnis bleibt auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Betriebsausgabenabzug unberührt, sodass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Die Richter mussten sich in ihrer Entscheidung noch nicht mit der Rechtslage nach dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz auseinandersetzen, da das Urteil vor In-Kraft-Treten des Gesetzes verkündet wurde. Mit dem Gesetz (verkündet im BGBl. am ) wird klargestellt, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium keine Betriebsausgabe/Werbungskosten sind (§§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG, § 12 Nr. 5 EStG; rückwirkend anzuwenden ab VZ 2004). Gegen die Neuregelung ist bereits ein Musterverfahren vor dem FG Baden-Württemberg mit dem Az. 10 K 4245/11 anhängig. Betroffene können sich nun auf dieses Verfahren stützen und Einspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegen. Weitere Handlungsempfehlungen hat der Bund der Steuerzahler auf seiner Internetseite zusammengetragen.
Fundstelle(n):
DAAAF-43239