Sammelauskunftsersuchen | Bonusaktien der Deutschen Telekom AG (BFH)
Der BFH hat ein an eine Bank gerichtetes Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung für unzulässig erklärt. Das Ersuchen betraf die Ausgabe von sog. Bonusaktien (Treueaktien), die den Inhabern der Aktien der Deutschen Telekom AG im Jahr 2000 bei Erfüllung einer bestimmten Haltefrist zugeteilt worden waren (; veröffentlicht am ).
Der BFH hat ein an eine Bank gerichtetes Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung für unzulässig erklärt. Das Ersuchen betraf die Ausgabe von sog. Bonusaktien (Treueaktien), die den Inhabern der Aktien der Deutschen Telekom AG im Jahr 2000 bei Erfüllung einer bestimmten Haltefrist zugeteilt worden waren (BFH, Urteil v. 16.1.2009 - VII R 25/08; veröffentlicht am 6.5.2009) .
Die Zuteilung von Bonusaktien/Treueaktien aus dem zweiten und dritten Börsengang der Telekom führte zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen (NWB WAAAB-51725). Um die ordnungsgemäße Versteuerung dieser Einkünfte zu überprüfen, hat die Fahndungsstelle eines Finanzamts, nachdem sie bei einem Kunden eines Kreditinstituts festgestellt hatte, dass dieser Einkünfte aus fünf Treueaktien nicht in seiner Steuererklärung angegeben hatte, an dieses Kreditinstitut ein Sammelauskunftsersuchen gerichtet; sie möchte wissen, welchen Kunden in welcher Zahl Treueaktien zugeteilt worden sind. Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO haben auch andere Personen als die Beteiligten eines Steuerverwaltungsverfahrens der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Solche Auskunftsersuchen, auch Sammelauskunftsersuchen der hier vorliegenden Art, darf auch die Steuerfahndungsstelle zur Ermittlung eines Sachverhalts im Rahmen ihres Aufgabenbereichs, zu dem nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle gehört, ausbringen (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO).
Hierzu führt der BFH weiter aus: Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung seien nicht schon dann zulässig, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Steuern nicht selten verkürzt und insbesondere Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht erklärt werden, das Auskunftsersuchen möglicherweise zur Aufdeckung bisher unbekannter Steuerfälle führen könnte. Es bedürfe vielmehr eines hinreichenden Anlasses für die Prognose, dass eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, unbekannte Steuerfälle zu entdecken. Im Streitfall falle ins Gewicht, dass die Kunden bei der Übersendung der Erträgnisaufstellung von ihrer Bank klar und unmissverständlich auf die (mutmaßliche) Einkommensteuerpflichtigkeit des Aktienbezugs hingewiesen worden seien und überdies wegen Ablaufs der regulären Festsetzungsfrist eine Steuernacherhebung ohnehin nur in Fällen der vorsätzlichen Steuerhinterziehung in Betracht käme. Es gebe aber keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Prognose, dass Einkünfte aus dem Bezug der Treueaktien gerade von Kunden dieser Bank hinterzogen worden seien. Die Handhabung der Bank, die Bonusaktien in der Erträgnisaufstellung nicht zu berücksichtigen und nur in dem Anschreiben auf eine mögliche Einkommensteuerpflicht hinzuweisen, stelle auch keine für eine Steuerhinterziehung besonders anfällige Art der Geschäftsabwicklung dar, die etwa mehr als bei Kapitaleinkünften aus bei Banken gehaltenen Wertpapierdepots sonst dazu herausfordert, solche Einkünfte dem FA zu verschweigen.
Quelle: BFH online
Anmerkung der NWB Redaktion: Die Entscheidung verdient vor allem wegen ihres Versuchs Beachtung, die Floskel vom Verbot einer „Ausforschung ins Blaue“ hinein und der Rasterfahndung, mit der dem Aufklärungseifer der Steuerfahndung Grenzen gesetzt werden sollen, handhabbarer zu machen. Denn Fahndungsmaßnahmen, die aufgrund allgemeiner Erfahrung der Möglichkeit einer Steuerverkürzung ergriffen werden und als solche von der Rechtsprechung für zulässig gehalten werden, sind genauer betrachtet an einem Raster ausgerichtet und von völlig ungewisser Erfolgsaussicht. Entscheidend ist indes nicht dies, sondern, so der neue Rechtssatz, dass die Fahndung nicht nur auf der allgemeinen, durch die Lebenserfahrung immer gerechtfertigten Vermutung beruht, dass Steuern hinterzogen worden sein könnten, sondern das eine über dieses allgemeine Maß hinausgehende, erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, solche Hinterziehungsfälle aufzufinden. Das ist immer noch nichts sehr Konkretes und es ist nach wie vor nicht leicht anwendbar; aber mehr wird sich wohl nur im Hinblick auf den konkreten Fall bei umfassender Würdigung der ihn kennzeichnenden Umstände sagen lassen! Im Übrigen weist der BFH darauf hin, dass auch bei ungeklärter steuerrechtlicher Rechtslage von Steuerpflichtigen Auskunft verlangt werden kann und dieser Steuerhinterziehung begeht, wenn er in der Hoffnung, keine Steuer zu schulden, dem FA die maßgeblichen Tatsachen gleich verschweigt.
Fundstelle(n):
CAAAF-43222