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Online-Nachricht - Donnerstag, 15.12.2011

Arbeitsrecht | Vertrauensschutz für Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede (BAG)

Das BAG hat klargestellt, dass es keine zeitliche Begrenzung des Vertrauensschutzes für "Altverträge" bei der Auslegung einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede gibt ().

Hintergrund: Eine vor dem arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag („Altvertrag“) ist gewöhnlich dann als Gleichstellungsabrede auszulegen, wenn sie auf den einschlägigen Tarifvertrag verweist, an den der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt selbst gebunden ist. Endet seine Tarifgebundenheit zu einem späteren Zeitpunkt, entfällt die Dynamik der Verweisung. Der Tarifvertrag bleibt dann statisch in der zur Zeit des Wegfalls der Tarifgebundenheit geltenden Fassung Inhalt des Arbeitsvertrages. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben. Es gewährt hinsichtlich sog. „Altverträge“ jedoch Vertrauensschutz, zu dessen zeitlicher Begrenzung kein Anlass besteht.
Sachverhalt: Die Parteien hatten im Jahr 1992 einen formularmäßigen Arbeitsvertrag unterzeichnet, in dem die Vergütung nach einer bestimmten Tarifgruppe des damals geltenden Tarifvertrages für den Einzelhandel vereinbart worden war. Im Übrigen sollte sich das Arbeitsverhältnis „nach den jeweils geltenden Tarifverträgen der infrage kommenden Sparte“ richten. Die beklagte Arbeitgeberin trat 1997 aus dem Arbeitgeberverband aus. Im März 2008 begehrte die Arbeitnehmerin die Zahlung entsprechend des aktuellen Tarifvertrages. Die Arbeitgeberin verweigerte dies, weil aus ihrer Sicht in der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel eine Gleichstellungsabrede zu sehen sei. Die Arbeitnehmerin macht mit ihrer Klage Vergütungsdifferenzen zwischen dem aktuellen Tarifentgelt und der an sie tatsächlich gezahlten Vergütung geltend.
Hierzu führte das BAG weiter aus: Die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag ist als Gleichstellungsabrede auszulegen. In ihrer Gesamtheit nimmt sie hinreichend klar auf den zu jener Zeit geltenden Tarifvertrag für den Einzelhandel Bezug. Der Vierte Senat hat seine Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede inzwischen zwar geändert (vgl. NWB XAAAC-53038). Für Verweisungsklauseln, die vor dem vereinbart worden sind, gewährt er aber Vertrauensschutz, so dass es auch im vorliegenden Fall bei der früheren Auslegungsregel verbleibt. Die Arbeitnehmerin kann im Streitfall deshalb keine Vergütung nach dem aktuellen Tarifstand verlangen. 
  Quelle: BAG, Pressemitteilung Nr. 94/11
 

 

Fundstelle(n):
TAAAF-43131