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Online-Nachricht - Mittwoch, 07.12.2011

Umsatzsteuer | Anmeldung von Insolvenzforderungen durch das Finanzamt (BFH)

Insolvenzforderungen sind nach § 251 Abs. 3 AO während eines Insolvenzverfahrens nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern durch Verwaltungsakt festzustellen. Masseforderungen können nicht zur Tabelle angemeldet und durch Feststellungsbescheid festgestellt werden, sondern müssen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festgesetzt werden (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken, die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben sowie die Baubetreuung war. Das Finanzgericht (FG) ging mit den Beteiligten davon aus, dass die GmbH seit Organgesellschaft einer GbR war. Im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der GmbH wurde der Kläger am zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit ergänzendem Beschluss vom wurde er ermächtigt, zu Lasten der späteren Insolvenzmasse Masseverbindlichkeiten zu begründen und zu erfüllen, die für die Fertigstellung zweier noch verbliebener Baustellen der GmbH notwendig waren. Im Umfang dieser Rechtsgeschäfte wurde die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Kläger übertragen und der GmbH untersagt, Verbindlichkeiten zu begründen und zu erfüllen. Zum wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Organschaft durch beendet wurde, weil weitere Bauvorhaben nicht bestanden hätten und der Kläger somit zum sog. starken Insolvenzverwalter geworden sei. Es erließ am eine entsprechend geänderte Berechnung über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Mai 2003 und meldete die Forderung zur Insolvenztabelle an. Schließlich stellte es die streitige Umsatzsteuer für Mai 2003 in Höhe von rund 83.0000 € fest. Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Argument, die Organschaft sei nicht bereits mit der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung am , sondern erst mit Insolvenzeröffnung am beendet worden. Daher sei der Feststellungsbescheid für die Umsatzsteuer Mai 2003 rechtswidrig.

Hierzu führen die Richter des BFH weiter aus: Steuerforderungen, die Masseschulden i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind, können nicht zur Tabelle angemeldet und nicht durch Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO festgestellt werden. Sie sind mit einem gegen den Insolvenzverwalter gerichteten Steuerbescheid festzusetzen. Insolvenzgläubiger können gemäß § 87 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Insolvenzforderungen i.S. von § 38 InsO und damit ihre zurzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner "begründeten" Vermögensansprüche nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Dementsprechend sind nach § 251 Abs. 3 AO Insolvenzforderungen aus dem Steuerschuldverhältnis während eines Insolvenzverfahrens nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern das Finanzamt muss sie zur Insolvenztabelle anmelden und kann sie im Falle des Bestreitens seitens des Insolvenzverwalters oder eines anderen Insolvenzgläubigers nach § 251 Abs. 3 AO i.V.m. § 179 Abs. 1 InsO feststellen. Die wirksame Anmeldung einer nicht titulierten Umsatzsteuerforderung zur Insolvenztabelle erfordert nicht, dass das FA die einzelnen umsatzsteuerrechtlich erheblichen Sachverhalte anführt und näher beschreibt (z.B. Umsatzsteuer aus Verkauf bestimmter Waren zu einem bestimmten Preis). Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Inhalt der Anmeldung die für die Erörterung der einzelnen Forderungen im Prüfungstermin notwendige Individualisierung einzelner Sachverhalte ermöglicht, sodass sichergestellt ist, dass nur bestimmte in der Anmeldung durch die Angabe einer Summe begrenzte Sachverhalte erfasst sind.

Quelle: BFH online

Anmerkung: Der Zeitpunkt des Endes der umsatzsteuerlichen Organschaft bei Insolvenz der Organgesellschaft hat erhebliche praktische Bedeutung, weil danach angefallene Vorsteuerminderungen nach § 17 UStG wegen Nichtbeachtung der Leistungsbezüge mit Vorsteuerabzug aus organschaftlicher Zeit nicht mehr auf den Organträger durchschlagen. Deshalb ist bemerkenswert, dass nach dieser Entscheidung des BFH die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unter bestimmten Voraussetzungen zur Beendigung der Organschaft führen kann, wenn es sich um einen sog. schwachen Insolvenzverwalter handelt.


 

Fundstelle(n):
ZAAAF-43074