Einkommensteuer | Erwerb von unverkörperten Mitgliedschaftsrechten an einer AG (BFH)
Eine mögliche - durch die Kennzeichnung als Nennbetragsaktien anstatt als Stückaktien bedingte - formale Unrichtigkeit von Aktien hindert nicht den Erwerb des dann noch unverkörperten Mitgliedschaftsrechts an der AG (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Sachverhalt: Die G-AG wurde im September 1999 gegründet und in das Handelsregister eingetragen. Im Dezember 1999 stellte sie verbriefte Aktienurkunden auf Grundlage eines von der Deutschen Bundesbank herausgegebenen Mustervordrucks her. Die Urkunden wurden durchnumeriert, mit einem betragsmäßigen "Nennbetrag" versehen, von den zuständigen Organen der G-AG eigenhändig unterzeichnet und an die bis zu diesem Zeitpunkt beteiligten Aktionäre ausgegeben. Der Gesamtnennbetrag der ausgegebenen Aktienpapiere entsprach der Höhe des Grundkapitals der AG. Der Kläger vereinbarte mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der G-AG, sich i.H.v. 1,5 % des Grundkapitals (entsprechend 750 Aktien) als Aktionär an der Gesellschaft zu beteiligen. Der Aufsichtsratsvorsitzende der G-AG verpflichtete sich seinerseits, dem Kläger die gewünschten Aktien zum Kaufpreis von 1.200.000 DM zu verschaffen. Der Kläger erhielt am eine Aktienurkunde der Gesellschaft im "Nennbetrag" von 250 EUR sowie am vier Aktienurkunden im "Nennbetrag" von (jeweils) 125 EUR. Im Gegenzug hierfür zahlte er den vereinbarten Kaufpreis. Nachdem die Entwicklung der G-AG nicht den gewünschten Verlauf genommen hatte, veräußerte der Kläger seine Aktien mit Verlust. Diesen machte er in seiner Einkommensteuererklärung erfolglos geltend. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, der Kläger sei nicht Gesellschafter der G-AG geworden. Der BFH sah dies anders und gab der Klage statt.
Hierzu führten die Richter weiter aus: Der Kläger ist Gesellschafter der G-AG geworden und hat somit durch den Verkauf der Aktien einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG erzielen können. Eine Veräußerung i.S. von § 17 EStG wird mit der entgeltlichen Übertragung des (zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen) Eigentums durch den Veräußerer auf den Erwerber verwirklicht. Notwendige Voraussetzung für die Zurechnung einer Beteiligung i.S. des § 17 EStG ist das (zumindest) wirtschaftliche Eigentum. Vorliegend hat der Kläger wirtschaftliches Eigentum an der G-AG erworben. Spätestens durch die Übereignung der "Nennbetragsaktien" am 23.2. bzw. am hat er seine Gesellschafterstellung begründet. Denn diese Übereignung ist als formfrei mögliche und auch im Übrigen zivilrechtlich wirksame Abtretung der maßgeblichen Mitgliedschaftsrechte an der G-AG auszulegen. Dabei geht der BFH davon aus, dass die Beteiligten übereinstimmend eine Gesellschafterstellung des Klägers begründen wollten und Aktien als Mitgliedschaftsrechte unabhängig von ihrer zutreffenden Bezeichnung in einer verkörperten Urkunde entstehen. Denn die Verbriefung des Mitgliedschaftsrechts in Gestalt von Aktienurkunden hat lediglich deklaratorische Bedeutung; eine mögliche Unrichtigkeit der Aktie hindert den Erwerb des Mitgliedschaftsrechts nicht (vgl. ).
Quelle: BFH online
Fundstelle(n):
AAAAF-42832