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Online-Nachricht - Dienstag, 11.10.2011

Verfahrensrecht | Kein Verschulden bei Überlesen eines Hinweises im ElsterFormular (FG)

Hinweise im "Kleingedruckten" der Steuerformulare schließen eine nachträgliche Geltendmachung von Unterhaltszahlungen nicht ohne Weiteres aus (; Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: VI B 107/11).


Hintergrund: Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO kann ein Steuerbescheid geändert werden, wenn nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden. Nach ständiger Rechtsprechung handelt ein Steuerpflichtiger grob fahrlässig, wenn er eine im Steuererklärungsvordruck ausdrücklich gestellte Frage nicht beachtet ( NWB BAAAA-91970).

Sachverhalt: Der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat der Klage eines Steuerpflichtigen stattgegeben, der Unterhaltszahlungen an seine Lebensgefährtin und Mutter des gemeinsamen Kindes erst erklärt hatte, nachdem sein Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig geworden war. Der Kläger lebt mit der Mutter seines im Jahr 2007 geborenen Kindes in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Seine Steuererklärung für das Jahr 2008 gab er elektronisch mit ElsterFormular ab, ohne seine Unterhaltszahlungen an die Lebensgefährtin anzugeben. Als er dies etwa ein Jahr nach Erlass des Steuerbescheids nachholte, lehnte das Finanzamt seinen Antrag auf nachträgliche Berücksichtigung ab, weil er die rechtzeitige Geltendmachung grob fahrlässig versäumt habe.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus: § 173 AO ermöglicht eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen zwar nur, wenn ihm kein grobes Verschulden an der Unvollständigkeit seiner Steuererklärung trifft. Nach der Rechtsprechung des BFH handelt grob schuldhaft, wer eine Angabe versäumt, die im Steuererklärungsformular abgefragt wird. Ein solcher Fall hat beim Kläger jedoch nicht vorgelegen, weil die Steuererklärungsunterlagen, insbesondere im ElsterFormular, nicht hinreichend deutlich gewesen sind. Die Erläuterungen zur „Anlage Unterhalt“ befasst sich lediglich mit Zahlungen an unterhaltsberechtigte Personen wie Eltern, Großeltern und Kinder. Erst bei genauerer Durchsicht der Anlage findet sich an ihrem Ende eine Erwähnung der Kindesmutter. Dem Kläger ist daher keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Anmerkung: Der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg stellte klar, dass das Finanzamt keine überzogenen Anforderungen an die Steuerpflichtigen stellen dürfe und berücksichtigte dabei auch, dass es in ElsterFormular deutlich schwieriger sei, die auszufüllenden Felder zu überblicken, als bei einem Papierformular.

Quelle: FG Hamburg, Pressemitteilung v.

 

Fundstelle(n):
NAAAF-42725