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Online-Nachricht - Donnerstag, 01.09.2011

Amtshaftungsrecht | Schadensersatz bei falscher Rentenberatung (OLG)

Der für Fälle der Amtshaftung zuständige Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat die den Träger einer gesetzlichen Sozialversicherung im Beratungsfall treffenden Pflichten konkretisiert und einem Kläger wegen Falschberatung Schadensersatz zugesprochen ( 1 U 5070).


Sachverhalt: Der Kläger hatte eine Beratungsstelle der gesetzlichen Rentenversicherung aufgesucht, um sich über die Möglichkeit, Altersrente zu beziehen, zu informieren. Der ihn dort beratende Mitarbeiter hatte ihm dabei die Berechnung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit übergeben. Ca. 2 Jahre später stellte der Kläger beim Träger der Rentenversicherung einen Antrag auf Gewährung von Altersrente. Die Versicherung lehnte den Antrag ab, denn der Kläger war weder in dem von § 237 SGB VI geforderten Umfang arbeitslos gewesen noch hatte er in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente die von dieser Vorschrift geforderten Pflichtbeiträge erbracht. In seiner auf Schadensersatz gerichteten Klage vertrat der Mann die Auffassung, falsch beraten worden zu sein. Pflichtwidrig habe man es unterlassen, ihn darüber aufzuklären, dass er zwar gegenwärtig die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Altersrente nicht erfülle, jedoch durch Nachzahlung von Beiträgen und Arbeitslosmeldung bis zum Rentenbeginn die für die Rentengewährung erforderlichen Voraussetzungen noch herbeiführen könne. Aufgrund der ihm übergebenen Proberechnung habe er darauf vertrauen können, dass ihm die dort genannten Rentenansprüche mit Vollendung des 60. Lebensjahres zustünden.
Hierzu führte das OLG weiter aus: § 14 SGB I verpflichtet die Leistungsträger der gesetzlichen Sozialversicherung, die Versicherten über deren Rechte nach dem Sozialgesetzbuch zu beraten. Amtliche Auskünfte müssen richtig, vollständig und unmissverständlich sein. Zur Vollständigkeit gehört hier, da die komplizierten, ständiger Veränderung unterliegenden Voraussetzungen von Ansprüchen aus der gesetzlichen Sozialversicherung für den Versicherten aus eigenem Wissen nur sehr eingeschränkt überschaubar sind, im Regelfall auch eine Beratung über naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten des Versicherten, die es diesem ermöglichen, die erstrebte sozialversicherungsrechtliche Position zu erlangen. Der den Kläger beratende Mitarbeiter ist deshalb verpflichtet gewesen, den Kläger auch darüber zu unterrichten, dass und warum die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente damals nicht erfüllt waren. Insbesondere ist der Kläger auch eindeutig und unmissverständlich darüber zu unterrichten gewesen, dass er die Anspruchsvoraussetzungen durch Arbeitslosmeldung und Nachzahlung von Pflichtbeiträgen bis zum maßgeblichen Rentenalter noch herbeiführen konnte. Der Beratungsfehler ist sowohl schuldhaft erfolgt als auch ursächlich dafür gewesen, dass der Kläger keine gesetzliche Altersrente erhält, obwohl er bei richtiger Beratung noch die Voraussetzungen hierfür hätte schaffen können und geschaffen hätte.
Quelle: OLG München, Pressemitteilung v.
 

 

Fundstelle(n):
TAAAF-42480