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Online-Nachricht - Mittwoch, 24.08.2011

Einkommensteuer | Teilentgeltlichkeit bei Erwerb durch Vermächtnis (BFH)

Der Erwerb eines Grundstücks in Erfüllung eines Vermächtnisses ist ein teilentgeltlicher und damit ein im Rahmen der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte aufteilbarer Vorgang, wenn der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung erbringen muss, deren Wert die vermächtnisweise Zuwendung nicht ausgleicht (; veröffentlicht am ).



Sachverhalt: Die Klägerin und ihre Schwester sind aufgrund notariellen Testaments die alleinigen Erbinnen zu gleichen Teilen ihrer verstorbenen Mutter. Im Testament räumte die Mutter der Klägerin zusätzlich das Recht ein, nach ihrem Tod ihren gesamten Grundbesitz zu übernehmen. Hierfür sollte die Klägerin an ihre Schwester einen Betrag von 25% des auf den Tod der Mutter festzustellenden Verkehrswerts des Grundbesitzes bezahlen. Nach dem Tod der Mutter nahm die Klägerin das Übernahmerecht wahr und zahlte ihrer Schwester 25% des geschätzten Verkehrswertes. Ca. drei Jahre später veräußerte die Klägerin den Grundbesitz an einen Dritten. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin die nicht auf ihren eigenen Erbanteil entfallende Grundstückshälfte entgeltlich von ihrer Schwester erworben habe und sah in der Weiterveräußerung ein privates Veräußerungsgeschäft.



Hierzu führt der BFH weiter aus: Wenn die Erblasserin der Klägerin das Recht einräumt, das Grundstück zu übernehmen, so ordnet sie ein sog. Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) an. Aufgrund dessen erwirbt die bedachte Klägerin mit dem Tod der Erblasserin eine aufschiebend bedingte Forderung gemäß § 2174 BGB gegen den Beschwerten (hier die Erbengemeinschaft, bestehend aus der Klägerin und ihrer Schwester) auf Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des von der Erblasserin festgelegten Preises. Da die Erblasserin der Klägerin als begünstigter Miterbin über ihren Erbteil hinaus etwas zuwenden will (nämlich das gesamte Grundstück zu einem Preis, der unter dem Verkehrswert der Kaufsache liegt), erschöpft sich die Regelung im Testamten der Erblasserin nicht in einer Verteilung der Nachlassgegenstände im Rahmen der Erbteile (hier zu je 1/2) und es handelt sich damit nicht um eine Teilungsanordnung (§ 2048 BGB), sondern um ein Vermächtnis. Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Etwas anderes gilt indes dann, wenn der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung erbringen muss. Muss der Vermächtnisnehmer den Wert der Zuwendung dabei nicht voll ausgleichen, handelt es sich um ein teilentgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist. Nur in Bezug auf den entgeltlichen Teil des Erwerbs liegt ein Anschaffungsvorgang vor und erfüllt die bedachte Klägerin mithin die Voraussetzungen eines steuerbaren Veräußerungsgeschäfts. Soweit sie unentgeltlich erworben hat, ist ihr nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen. Im Streitfall hat die Klägerin das Grundstück damit aufgrund der Erbeinsetzung und des testamentarisch eingeräumten Vermächtnisses insgesamt zu drei Viertel unentgeltlich - und damit nur zu einem Viertel entgeltlich - erworben.

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
LAAAF-42448