BSG Beschluss v. - B 13 R 24/15 BH

Instanzenzug: S 19 R 94/11

Gründe:

I

1Das die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Frankfurt (Oder) vom 23.6.2014 zurückgewiesen. Das SG habe die Klage - unabhängig von der am 17.6.2014 in mündlicher Verhandlung vor dem SG wirksam erklärten Klagerücknahme - im Ergebnis zutreffend für unzulässig erachtet, soweit mit ihr die rückwirkende Neuberechnung der vom beklagten Rentenversicherungsträger ab Juni 2004 bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Bewilligungsbescheid vom 1.3.2005) unter Berücksichtigung zusätzlicher Entgelte für Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Nationalen Volksarmee und Außerachtlassung des Abschlags von 10,8 % wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente begehrt werde. Unzulässig sei die Klage aber auch, soweit der Kläger die Berücksichtigung dieser zusätzlichen Entgelte bei der ab September 2009 bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bewilligungsbescheid vom 2.6.2010) verlange, weil er sich insoweit gegen den Überführungsbescheid des Zusatzversorgungsträgers wenden müsse. Im Übrigen - soweit ein abschlagsfreier Bezug der Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt werde - sei die Klage zwar zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Weder die Behinderung des Klägers noch in der ehemaligen DDR erworbene Rechte stünden einer Anwendung des Rentenabschlags gemäß § 77 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB VI entgegen.

2Der Kläger hat für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 12.9.2015 zugestellten LSG-Urteil am 12.10.2015 beim BSG Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Er macht geltend, dass er vor dem Berufungsgericht kein faires Verfahren gehabt und nur unzureichend rechtliches Gehör erhalten habe.

II

3Der Antrag auf PKH ist abzulehnen.

4Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

5Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben könnte.

6Gegen das vom Kläger angegriffene LSG-Urteil ist als Rechtsmittel allein eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision statthaft (§ 160a SGG). In einem solchen Verfahren geht es nicht darum, ob die Entscheidung des LSG richtig oder falsch ist. Vielmehr darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Dass einer dieser Zulassungsgründe hier mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, ist nach Prüfung des Streitstoffs nicht ersichtlich.

7(1) Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen den Beschluss des LSG auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bislang nicht hinreichend geklärte und für den Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt. Dass im Rechtsstreit des Klägers solche Rechtsfragen von Bedeutung sein könnten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist in der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG bereits geklärt, dass die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung (§ 77 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB VI) auch dann verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn eine solche Rente - wie hier - vor Vollendung des 60. Lebensjahrs beginnt ( - BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5; ua - BVerfGE 128, 138 = SozR 4-2600 § 77 Nr 9).

8(2) Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kann nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Das angefochtene LSG-Urteil stützt sich vielmehr in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG und des BVerfG.

9(3) Schließlich ist auch kein Verfahrensmangel ersichtlich, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Insbesondere ist weder ein Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ersichtlich. Entgegen dem Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 10.10.2015 hat das LSG auf seinen ausdrücklichen Antrag hin den ursprünglich für den 11.8.2015 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wegen urlaubsbedingter Abwesenheit des Klägers aufgehoben und entsprechend seiner Bitte einen neuen Termin an einem Mittwoch nach dem 31.8.2015, nämlich am 2.9.2015, angesetzt. Ausweislich des Protokolls hat der Kläger an dieser mündlichen Verhandlung teilgenommen und Gelegenheit gehabt, seinen Rechtsstandpunkt darzustellen.

10Da nach alledem die Bewilligung von PKH abzulehnen ist, entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts durch das Gericht (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

Fundstelle(n):
NAAAF-32642