Instanzenzug:
Tatbestand
1Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
2Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Vertragsbeginn zum nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein vom die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) mit einer Belehrung über das Widerspruchsrecht sowie ein Anschreiben vom mit einer weiteren Widerspruchsbelehrung gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
3D. VN zahlte von Dezember 2004 bis November 2012 Prämien in Höhe von insgesamt 8.531,16 €. Im Oktober 2012 ließ d. VN den Widerspruch, hilfsweise die Kündigung des Vertrages erklären. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom erklärte d. VN erneut den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.
4Mit der Klage verlangt d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 4.867,66 €.
5Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Die Widerspruchsbelehrung sei nicht hinreichend, insbesondere nicht genügend deutlich hervorgehoben. Der Widerspruch sei nicht verfristet, da § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. europarechtswidrig sei.
6Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
7Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
8I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Da der Versicherungsschein und die erforderlichen Unterlagen d. VN erst mit Schreiben vom zugesandt worden seien und dieser Zeitpunkt für die Widerspruchsfrist entscheidend gewesen sei, sei von der Anwendbarkeit des § 5a VVG a.F. in der ab dem gültigen Fassung auszugehen. Auf die danach bei Lebensversicherungsverträgen maßgebliche Widerspruchsfrist von 30 Tagen sei d. VN in dem Anschreiben vom hingewiesen worden. Dagegen werde in der Verbraucherinformation auf eine 14-tägige Widerspruchsfrist hingewiesen. Angesichts der widersprüchlichen Angaben über die Dauer der Widerspruchsfrist könne nicht von einer ordnungsgemäßen Belehrung ausgegangen werden. Zwar sehe § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. für den Fall einer fehlenden oder nicht ausreichenden Belehrung das Erlöschen des Rechts zum Widerspruch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vor. Diese Vorschrift sei aber europarechtswidrig und daher nicht anzuwenden. Allerdings sei das Widerspruchsrecht infolge beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung im Jahr 2012 nach Kündigung des Versicherungsvertrages und Auszahlung des Rückkaufswerts erloschen .
9II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur im Ergebnis stand.
10D. VN kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückzahlung der Prämien verlangen.
111. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wurde d. VN - wie die Revisionserwiderung mit Recht rügt - auch ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 5a VVG a.F. in der ab dem gültigen Fassung anwendbar ist, weil der Versicherungsschein und die weiteren erforderlichen Unterlagen d. VN mit Schreiben vom übersandt wurden. Nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift betrug die Widerspruchsfrist bei Lebensversicherungsverträgen 30 Tage. Darauf wurde d. VN in dem Anschreibe n vom in durch Fettdruck hervorgehobener und somit drucktechnisch deutlicher Form hingewiesen. Diese formal und auch im Übrigen inhaltlich den Anforderungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. genügende Belehrung wird nicht dadurch entkräftet, dass in der Verbraucherinformation fälschlicherweise eine Widerspruchsfrist von nur 14 Tagen genannt wird (vgl. Senatsbeschluss vom - IV ZR 63/13, [...] Rn. 12). Wenn - anders als in dem der Entscheidung des II. Zivilsenats des , NJW-RR 2005, 180) zugrunde liegenden Fall - eine von mehreren Widerspruchsbelehrungen insgesamt ordnungsgemäß war, kommt es darauf an, ob der Versicherungsnehmer durch eine weitere - formal oder inhaltlich nicht ordnungsgemäße - Belehrung irregeführt oder von einem rechtzeitigen Widerspruch abgehalten wird. Dies ist hier nicht der Fall, zumal der Hinweis in der Verbraucherinformation im Unterschied zu der Belehrung im Begleitschreiben drucktechnisch nicht hervorgehoben ist. Im Übrigen hätte sich der Versicherer - wie die Revisionserwiderung zu Recht bemerkt - zugunsten d. VN an der im Begleitschreiben genannten Frist festhalten lassen müssen. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 30-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
122. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrag es vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.).
13D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ sie bei Vertragsschluss 2004 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte über acht Jahre die Versicherungsprämien und erklärte dann den Widerspruch, hilfsweise die Kündigung des Versicherungsvertrages. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits im Dezember 2004 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
14Die Frage einer möglichen Vorlage an den Gerichtshof der Europ äischen Union in einem Fall, in dem kein widersprüchliches Verhalten des Versicherungsnehmers festgestellt werden kann, stellt sich im Streitfall nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAF-32564