Online-Nachricht - Dienstag, 17.05.2011

Öffentlicher Dienst | Mutterschutzzeiten bei der betrieblichen Zusatzversorgung (BVerfG)

Das BVerfG hat entschieden, dass die Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der betrieblichen Zusatzversorgung der VBL verfassungswidrig ist (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ist eine Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und hat die Aufgabe, den Arbeitnehmern der an der VBL beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Nach der bis zum geltenden Rechtslage hatte Anspruch auf eine betriebliche Versorgungs- bzw. Versicherungsrente nur ein Arbeitnehmer, der eine Wartezeit von 60 sog. Umlagemonaten erfüllte. Als Umlagemonat galt ein Kalendermonat, für den der Arbeitgeber eine Umlage für mindestens einen Tag für laufendes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt entrichtet, d.h. nach der Definition in der VBL-Satzung der Arbeitnehmer steuerpflichtigen Arbeitslohn bezogen hat. Da das Mutterschaftsgeld steuerfrei gestellt ist, wurden nach der alten Rechtslage für die Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den Arbeitgeber gezahlt, mit der Folge, dass die Zeiten des Mutterschutzes bei der Wartezeitberechnung keine Berücksichtigung fanden.

Sachverhalt: Im Streitfall lehnte die VBL den Anspruch der Klägerin auf Betriebsrente mit der Begründung ab, dass sie insgesamt – unter Ausschluss der drei streitigen Monate im Mutterschutz – nur 59 sog. Umlagemonate (statt der erforderlichen 60) angesammelt und damit die Wartezeit nicht erreicht habe.

Hierzu führte das BVerfG weiter aus: Die in der Satzung geregelte Nichtanrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate stellt eine Ungleichbehandlung von Müttern in zweifacher Hinsicht dar. Zum einen werden Frauen mit Mutterschutzzeiten gegenüber männlichen Arbeitnehmern ungleich behandelt, da deren Erwerbsbiografien im öffentlichen Angestelltenverhältnis nicht durch die gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Mutterschutzzeiten unterbrochen wurden und auch nicht werden. Zum zweiten liegt eine Ungleichbehandlung von Frauen in Mutterschutz hier auch gegenüber denjenigen männlichen und weiblichen Versicherten vor, die Krankengeld und einen Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers erhalten. Da der Arbeitgeber in den Zeiten der Lohnfortzahlung sowie des Bezugs eines Krankengeldzuschusses auch Umlagen entrichtet, werden die Krankheitszeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente voll als umlagefähige Monate angerechnet. Für den Mutterschutz findet sich keine entsprechende Regel. Diese Ungleichbehandlung ist nicht durch zwingende Gründe gerechtfertigt und verstößt gegen das Verbot der geschlechtsbezogenen Diskriminierung (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG).

Anmerkung: Der Verstoß gegen das geschlechtsbezogene Diskriminierungsgebot führte im Streitfall dazu, dass die Beschwerdeführerin eine Anrechnung ihrer Mutterschutzzeiten auf die Wartezeit im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung der VBL verlangen kann.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung v.


 

Fundstelle(n):
NWB LAAAF-17150