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Online-Nachricht - Dienstag, 15.03.2011

Einkommensteuer | Kein Versorgungsfreibetrag vor Vollendung des 63. Lebensjahr (FG)

Das FG Münster hat entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, der Versorgungsbezüge aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bezieht und noch nicht das 63. Lebensjahr vollendet hat, keinen Anspruch auf einen Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG hat (, veröffentlicht am ; Revision zugelassen).

Hintergrund: Von den Versorgungsbezügen ist ein sog. Versorgungsfreibetrag abzuziehen. Versorgungsbezüge sind das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG), nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG) oder in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge. Allerdings gelten Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG).
Sachverhalt: Der im Streitjahr 2007 60-Jährige Kläger bezog neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Versorgungsbezüge aus einem früheren privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Für diese Versorgungsbezüge beanspruchte er einen Versorgungsfreibetrag, den das Finanzamt ablehnte, da der Kläger noch nicht - wie vom Gesetz in § 19 Abs. 2 Nr. 2 EStG vorausgesetzt - das 63. Lebensjahr vollendet habe. Hierin sah der Kläger einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da der Freibetrag bei Versorgungsbezügen aus einem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis unabhängig vom Lebensalter gewährt werde.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Die in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG festgeschriebene Altersgrenze stellt keinen verfassungswidrigen Verstoß gegen Art. 3 GG dar. Der Senat vermag einen solchen Verstoß nicht etwa deshalb zu erkennen, weil die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG für die Bezieher privater Versorgungsbezüge eine ausdrückliche Altersgrenze für die Gewährung des Versorgungsfreibetrages festschreibt, während eine solche Grenze für die Bezieher öffentlicher Versorgungsbezüge in § 19 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht ausdrücklich enthalten ist. Denn die Gewährung von Versorgungsbezügen knüpft hinsichtlich der Altersgrenze an beamtenrechtliche Regelungen, u.a. die Antragsaltersgrenze von 63 Jahren an, so dass es in der steuerlichen Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG keiner Altersgrenze bedurfte. Steuerrechtlich hat diese Grenze somit - anders als im Fall des Bezugs privater Ruhegelder - nicht erneut festgelegt werden müssen. Durch die Neuregelung der Besteuerung der Altersbezüge durch das Alterseinkünftegesetz hat der Gesetzgeber zudem ab dem Jahr 2005 eine Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Versorgungsbezügen in Vollzug gesetzt, die zukünftig aufgrund des Prinzips der nachgelagerten Besteuerung insgesamt zum Wegfall des Versorgungsfreibetrags führt. Die Übergangsregelung in § 19 Abs. 2 EStG, die den Kläger gegenüber Beziehern öffentlicher Versorgungsbezüge zeitweise steuerlich schlechter stellt, ist im Hinblick auf die Komplexität der Neuregelung des Alterseinkünftesystems sachgerecht und notwendig und daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Quelle: FG Münster, Newsletter 3/2011

 

Fundstelle(n):
RAAAF-16808