Online-Nachricht - Freitag, 04.02.2011

Familienrecht | Neues Modell für die europäische Integration im Zivilrecht (BMJ)

Das Bundeskabinett hat einen Regierungsentwurf zur Umsetzung des deutsch-französischen Wahlgüterstandes beschlossen.

Hintergrund: Das zugrundeliegende Abkommen hatten die französische und die deutsche Justizministerin am in Paris unterzeichnet. Im Jahr 2009 hatte bei 13% aller Ehepaare in Deutschland zumindest einer von beiden eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Hierzu führt das BMJ weiter aus: Der deutsch-französische Wahlgüterstand macht den ersten Schritt zu einer inhaltlichen Annäherung des deutschen und französischen Familienrechts. Bislang richten sich die rechtlichen Folgen der Ehe unter anderem nach der Staatsangehörigkeit, so dass beispielsweise für ein in Deutschland lebendes Paar französisches Recht gelten kann:

  •  Gesetzlicher Normalfall in Deutschland ist die Zugewinngemeinschaft. Die Vermögen der Ehegatten bleiben getrennt. Nur bei der Beendigung des Güterstandes - etwa wegen einer Scheidung - wird der während der Ehe erwirtschaftete Zugewinn ausgeglichen.

  •  In Frankreich ist die Errungenschaftsgemeinschaft der gesetzliche Normalfall. Die Errungenschaften während der Ehe werden zum gemeinsamen Vermögen der Ehepartner.

In der Praxis kam es immer wieder zu Problemen, wenn für die Rechtsfolgen der Ehe das Familienrecht eines anderen Mitgliedstaates galt, das den Beteiligten am Rechtsverkehr oft unbekannt war.
Der neue deutsch-französische Wahlgüterstand kann regelmäßig gewählt werden, wenn

  • deutsche Ehegatten in Frankreich oder französische Ehegatten in Deutschland leben,

  • deutsch-französische Ehegatten in Frankreich oder in Deutschland leben oder

  • ausländische Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder in Frankreich haben.

Da ein internationaler Bezug nicht erforderlich ist, können sogar zwei Deutsche in Deutschland oder zwei Franzosen in Frankreich den neuen Güterstand wählen. Entscheiden sich Eheleute für den deutsch-französischen Wahlgüterstand, bleiben ihre Vermögen - wie bei der deutschen Zugewinngemeinschaft - während der Ehe getrennt. Erst bei Beendigung des Güterstandes wird der erwirtschaftete Zugewinn zwischen ihnen ausgeglichen. Trotz der inhaltlichen Nähe zur deutschen Zugewinngemeinschaft gibt es beim Wahlgüterstand aber eine Reihe französisch geprägter Besonderheiten. So werden etwa Schmerzensgeld und zufällige Wertsteigerungen von Immobilien (z.B. durch Erklärung zu Bauland) nicht im Zugewinnausgleich berücksichtigt. Der deutsch-französische Wahlgüterstand steht auch anderen Mitgliedstaaten der EU offen. Er könnte so zum Pilotverfahren für weitere vergleichbare Angleichungen des Familienrechts in Mitgliedstaaten mit ähnlicher Rechtstradition werden. Der Regierungsentwurf wird jetzt über den Bundesrat dem Deutschen Bundestag zur parlamentarischen Beratung zugeleitet.
Quelle: BMJ online


 

Fundstelle(n):
NWB PAAAF-16583