Umsatzsteuer | Rückwirkender Wechsel von der Ist- zur Sollbesteuerung (FG)
Das FG Niedersachsen hat entschieden, dass ein Unternehmer rückwirkend von der Ist- zur Sollversteuerung zurückkehren kann (; veröffentlicht am ; Revision zugelassen).
Das FG Niedersachsen hat entschieden, dass ein Unternehmer rückwirkend von der Ist- zur Sollversteuerung zurückkehren kann (FG Niedersachsen, Urteil v. 22.12.2010 - 16 K 303/10; veröffentlicht am ; Revision zugelassen).
Hintergrund: Gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer, dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 250.000,-- € (aktuell 500.000,--) beträgt, die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (sog. Soll-Besteuerung), sondern nach den vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Besteuerung) berechnet.
Hierzu führt das Gericht weiter aus: Die Frage, ob eine einmal erteilte Gestattung der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten Bindungswirkung für den laufenden Besteuerungszeitraum hat oder ob dem Unternehmer nachträglich eine Rückkehr zur Sollversteuerung möglich ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Einheitlich geht die Literatur davon aus, dass der Unternehmer bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft eines Steuerbescheides nachträglich einen Antrag auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten stellen und das Finanzamt diesem entsprechen kann. Damit ist der Streitfall jedoch nur bedingt vergleichbar, weil hier mit der Gestattung ein Verwaltungsakt ergangen ist, der möglicherweise einer Rückkehr zur Sollversteuerung entgegensteht. Ob nach einmal erteilter Gestattung der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten eine Rückkehr zur Sollversteuerung mit Wirkung für die Vergangenheit zulässig ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird eine Rückkehr zur Sollversteuerung nur mit Wirkung für die Zukunft für möglich gehalten, weil sich der Steuerpflichtige ansonsten in Widerspruch zu seinem eigenen vorangehenden Verhalten setzen würde. Andere halten demgegenüber eine Rückkehr zur Sollversteuerung für möglich, weil der Steuerpflichtige von der ihm erteilten Gestattung keinen Gebrauch machen müsse. Äußerste zeitliche Grenze soll aber auch nach dieser Ansicht der Eintritt der formellen Bestandskraft des Steuerbescheides sein. Das Gericht schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Dafür spricht der Wortlaut der Regelung, wonach das Finanzamt die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten "gestattet". Der ansonsten nicht im UStG verwendete Begriff der "Gestattung" ist dadurch gekennzeichnet, dass er ein Recht einräumt, nicht aber eine Pflicht begründet. Gegen eine Bindung der "Gestattung" spricht auch, dass das Umsatzsteuergesetz an anderer Stelle ausdrücklich die Bindung des Steuerpflichtigen an ein von ihm ausgeübtes Wahlrecht festlegt, etwa bei Wahl der Regelversteuerung eines an sich der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegenden Landwirts (§ 24 Abs. 4 UStG) oder beim Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung (§ 20 Abs. 2 UStG). Das Fehlen einer entsprechenden Regelung im Rahmen des § 20 Abs. 1 UStG spricht dafür, dass der Gesetzgeber hier den Steuerpflichtigen nicht auf eine bestimmte Art der Berechnung der Steuer festlegen will.
Quelle: FG Niedersachsen online
Fundstelle(n):
UAAAF-16496