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Online-Nachricht - Mittwoch, 19.01.2011

Körperschaftsteuer | Wirtschaftliche Identität bei Verschmelzung bis VZ 2007 (BFH)

Für einen Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 2002 schädliches, überwiegend neues Betriebsvermögen wird zugeführt, wenn das zugegangene Aktivvermögen das vorher vorhandene Restaktivvermögen übersteigt. Das zugeführte und das bisherige Aktivvermögen sind jeweils mit dem Teilwert anzusetzen. In die Vergleichsrechnung sind auch immaterielle Wirtschaftsgüter einzubeziehen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine AG, die 1999 gegründet wurde. Aktionäre waren zunächst fünf natürliche Personen. Gegenstand des Unternehmens war bis zum (Streitjahr) die Beteiligung an Blutbanken sowie Laborgesellschaften und die Schaffung von Voraussetzungen zum Betrieb von Blutbanken. Die Klägerin hielt im Jahr 2001 fünf Beteiligungen zu 100 % und eine zu 52 % an Gesellschaften (GmbH), die eine Blutbank betrieben. Mit Verträgen vom und vom erwarb die L-GmbH sämtliche Aktien der Klägerin (zunächst 16,67 %). Gesellschafter der L-GmbH waren A und B. Am gab die Klägerin eine Verlustübernahmeerklärung gegenüber ihren Tochtergesellschaften ab. Mit Vertrag vom wurde die L-GmbH auf die Klägerin rückwirkend zum verschmolzen. Am selben Tag wurden die vier Tochtergesellschaften der Klägerin, an denen sie jeweils zu 100 % beteiligt war, auf diese verschmolzen. Im Jahr 2002 erwarb die Klägerin eine weitere hundertprozentige Beteiligung an einem Blutspendezentrum durch Verschmelzung. Nach der Verschmelzung waren Aktionäre der Klägerin A zu 90,12 % und B zu 9,88 %. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom wurde der Gegenstand des Unternehmens geändert und die Klägerin umfirmiert. Gegenstand des Unternehmens war nunmehr der Betrieb von Blutspendediensten, labormedizinische Untersuchungen der Humanmedizin, der Veterinärmedizin und des Umweltschutzes, der Großhandel mit Arzneimitteln, die Entwicklung und Anwendung von Verfahren zur Abtrennung von Blutbestandteilen zu therapeutischen Zwecken und die Erbringung von Beratungsdienstleistungen im Bereich der Laboratoriums- und Transfusionsmedizin.

Hierzu führt der BFH weiter aus: Im Streitfall wurden mit Vertrag vom mehr als 50 % der Anteile der Klägerin auf die L-GmbH übertragen. Der Klägerin ist mit der nachfolgenden Verschmelzung der L-GmbH auf sie neues Betriebsvermögen zugeführt worden. Zwischen der Anteilsübertragung und der Zuführung neuen Betriebsvermögens besteht ein ausreichend enger sachlicher Zusammenhang, der aus dem engen zeitlichen Zusammenhang abzuleiten ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Verschmelzung aufgrund der Fiktion des § 2 Abs. 1 UmwStG 2002 auf den zurückwirkt, demnach auf einen Zeitpunkt, zu dem noch kein Anteilswechsel von mehr als 50 % stattgefunden hatte. Denn entscheidend ist insoweit, dass die Verschmelzung erst durch Vertrag vom , demnach knapp acht Monate nach dem Anteilswechsel, vereinbart worden ist. In die Vergleichsrechnung einzubeziehen sind daher zum einen das Aktivvermögen der Klägerin vor der Verschmelzung, zum anderen das Aktivvermögen nach der Verschmelzung der L-GmbH auf sie. Das Finanzgericht hat die Buchwerte des Aktivvermögens der Klägerin einerseits und diejenigen des zugeführten Aktivvermögens der L-GmbH andererseits gegenübergestellt und diese miteinander verglichen. Maßgeblich für die Frage, ob der Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt oder wieder aufgenommen wird, sind aber nicht die Buchwerte der jeweiligen Aktivvermögen, sondern die Teilwerte, und zwar auch dann, wenn das neue, d.h. das vorher nicht vorhandene Betriebsvermögen im Wege einer Verschmelzung oder Spaltung zugeführt wird. In die Vergleichsrechnung ist im Streitfall auch das Umlaufvermögen einzubeziehen, da der Geschäftsgegenstand erheblich ausgeweitet wurde. Während die Klägerin vor der Verschmelzung als reine Holding fungiert hat, betreibt sie seit Änderung ihres Geschäftsgegenstandes neben der Holdingtätigkeit nunmehr u.a. auch Blutspendedienste, labormedizinische Untersuchungen, den Großhandel mit Arzneimitteln sowie die Entwicklung und Anwendung von Verfahren zur Abtrennung von Blutbestandteilen zu therapeutischen Zwecken. Die Holdingtätigkeit kann nicht als mit ihrem erweiterten neuen Geschäftsgegenstand identisch beurteilt werden. Während ein Holdingunternehmen vor allem durch seine Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften charakterisiert wird, wird ein Unternehmen, das u.a. Blutbanken betreibt und den Groß- und Einzelhandel mit Arzneimitteln ausübt, auch über sein Umlaufvermögen geprägt.

Quelle: BFH online

Hinweis: Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 2002 gestrichen und durch eine einfacher zu handhabende Vorschrift  ersetzt. Das Gesetz stellt bei Prüfung der wirtschaftlichen Identität nur noch auf den Gesellschafterbestand ab.

Die Neuregelung des § 8c KStG findet erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem Anwendung. Die alte Regelung zum Mantelkauf (§ 8 Abs. 4 KStG) findet letztmalig Anwendung, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb eines vor dem beginnenden Zeitraums von fünf Jahren übertragen werden und die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft vor dem entfällt. Damit können ab dem zeitlich befristet bis zum alte und neue Regelung zum Verlustabzug nebeneinander anwendbar sein, so dass es zum vollständigen oder anteiligen Wegfall des Verlustvortrags und laufender Verluste sowie des Zinsvortrags nach § 8c KStG wie auch zum Wegfall des Verlustvortrags und laufender Verluste nach § 8 Abs. 4 KStG kommen kann.

 

Fundstelle(n):
IAAAF-16474