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Online-Nachricht - Montag, 18.10.2010

Sozialrecht | Keine Krankenkassenbeiträge auf private Lebensversicherung (BVerfG)

Lassen Rentner ihre vom Betrieb abgeschlossene Lebensversicherung auf sich umschreiben und führen sie die Versicherung privat fort, müssen sie ausnahmsweise keine Krankenkassenbeiträge bezahlen (BVerfG, Beschlüsse v. - 1 BvR 739/08 und v. - 1 BvR 1660/08).


Ab der vollständigen Umschreibung des Vertrags sind keine Zahlungen für die Kranken- und Pflegeversicherung mehr fällig. Die Rechtsprechung des BSG wurde damit teilweise für verfassungswidrig erklärt.

Hintergrund: Gemäß § 229 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 5 SGB V sind Renten der betrieblichen Altersversorgung der Altersrente vergleichbare Einnahmen, aus denen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner abgeführt werden. Das gilt nach § 229 Absatz 1 Satz 3 SGB V in der seit dem geltenden Fassung auch dann, wenn eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden war.

Bei den beiden, dem Bundesverfassungsgericht vorgelegten Fällen, war es strittig, ob die Erhebung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auch bei Leistungen aus einer vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers geschlossenen Kapitallebensversicherung verfassungskonform ist, wenn deren Prämien teilweise vom Arbeitnehmer selbst entrichtet wurden.

Sachverhalt: Für zwei Arbeitnehmer, für die ihre ehemaligen Arbeitgeber Lebensversicherungen abgeschlossen hatten, wurden die Versicherungsprämien zunächst teilweise vom Arbeitgeber, teilweise vom Arbeitnehmer bezahlt. Nach Eintritt in die Altersteilzeit zahlte der eine die Prämien alleine weiter, Versicherungsnehmer blieb allerdings das Unternehmen. Durch die Anbindung an die betriebliche Altersvorsorge gelten die günstigeren Gruppentarife. Nach Fälligkeit der Versicherungssumme über rund 43.000 Euro wurden dem Rentner dann monatlich etwa 55 Euro Kranken- und Pflegeversicherung berechnet. Denn nach dem Gesetz von 2004 werden auch auf einmalige Zahlungen der betrieblichen Altersversorgung Beiträge fällig.

Im zweiten Fall hatte die Firma des Arbeitnehmers Insolvenz angemeldet, der Mitarbeiter ließ deshalb die Lebensversicherung auf sich umschreiben und zahlte die Prämien privat weiter. Auch in seinem Falle verlangte die Kranken- und Pflegeversicherung nach der Auszahlung dann aber auf den Gesamtbetrag Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die beiden Rentner klagten vor dem Bundessozialgericht, blieben jedoch ohne Erfolg.

Das BVerfG entschied, dass die Beiträge auf die betriebliche Lebensversicherung im ersten Fall rechtens sind, weil hier der Betrieb Versicherungsnehmer geblieben war und der Arbeitnehmer die institutionellen Vorteile des Gruppenvertrags behielt. Im zweiten Fall wurde der Versicherungsvertrag jedoch gänzlich umgeschrieben und glich einem privaten Versicherungsvertrag. Die ab der Umschreibung privat finanzierte Lebensversicherungssumme darf deshalb nicht mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet werden.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung 94/2010

 

Fundstelle(n):
ZAAAF-15894