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Online-Nachricht - Mittwoch, 06.10.2010

Einkommensteuer | Dänische Altersrenten im Rahmen des Progressionsvorbehalts (BFH)

Entspricht eine ausländische Altersrente in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung können die Einkünfte nach deutschem Recht qualifiziert werden. Vergleichskriterium für Renten ist die sog. Basisversorgung, zu deren wesentlichen Merkmalen gehören die Auszahlung ab einer bestimmten Altersgrenze und die Lebensunterhaltssicherung als Entgeltersatz (; veröffentlicht am ).


Dänische Renteneinkünfte der "Den Sociale Sikringsstyrelse" (DSS) und der "Arbejdsmarkedets Tillægspension" (ATP) sind im Rahmen des Progressionsvorbehalts mit dem Besteuerungsanteil von 50 % (2005) gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu berücksichtigen.

Sachverhalt: Der verheiratete Kläger ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und erzielte im Streitjahr 2005 neben inländischen Einkünften auch dänische Renteneinkünfte, und zwar Renteneinnahmen der „Den Sociale Sikringsstyrelse“ (DSS) und der „Arbejdsmarkedets Tillægspension“ (ATP). In seiner Einkommensteuer-Erklärung 2005 gab der Kläger Einkünfte aus diesen Renten in Höhe von 1.519 € (Ertragsanteil von 18%) als dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterliegende sonstige Einkünfte an. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Veranlagung 50 % der Renteneinnahmen (4.504 €) im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Die Klage beim Finanzgericht (FG) war erfolglos.

Hierzu führt der BFH weiter aus: Das Besteuerungsrecht für die DSS- und ATP-Renten steht ausschließlich Dänemark zu. Deutschland hat das Recht, diese dänischen Renteneinkünfte bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berücksichtigen. Gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG sind die von der deutschen Besteuerung freigestellten ausländischen Einkünfte ohne ausdrückliche abweichende DBA-Regelung nach Art, Höhe sowie persönlicher und sachlicher Zurechnung nach deutschem Recht zu ermitteln. Bei der Anwendung des deutschen Steuerrechts ist stets eine rechtsvergleichende Qualifizierung der ausländischen Einkünfte nach deutschem Recht vorzunehmen. Vergleichbarkeit von Altersrenten ist dann anzunehmen, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, d.h. nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Da eine völlige Identität kaum denkbar ist, muss sich diese Beurteilung notwendigerweise auf bestimmte Eigenschaften beider Leistungsarten beschränken und andere als unwesentlich für den Vergleich ausscheiden. Maßgebliche Gesichtspunkte sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis ( NWB JAAAD-31553). Entscheidend ist damit einerseits die Vergleichbarkeit der dänischen DSS- und ATP-Renten mit denen der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung und andererseits ihre Unterscheidbarkeit und Abgrenzbarkeit von den deutschen betrieblichen Altersrenten bzw. von den Renten der individuellen (privaten) Altersvorsorge. Die dänische DSS-Rente ist ein ausschließlich steuerfinanziertes Altersvorsorgesystem für die gesamte dänische Bevölkerung mit einer Leistung, die von der Dauer des Wohnsitzes in Dänemark abhängig ist. Diese Rente ist eine Leistung öffentlich-rechtlicher Art, die mit einer deutschen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist. Die ATP-Rente ist eine beitragsabhängige staatliche Zusatzrente. Sie ist eine Pflichtversicherung für Arbeitnehmer im Alter von 16 bis 66 Jahren, die mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens neun Stunden in Dänemark arbeiten. Damit ist sie mit der deutschen Rentenversicherung vergleichbar. Die ATP-Rente unterscheidet sich wesentlich von der VBL-Rente. Die ATP-Rente kann infolgedessen nicht wie eine VBL-Rente lediglich mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG besteuert werden. Da beide dänischen Renten als Leibrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anzusehen sind, muss bei ihnen ebenso wie bei deutschen Renten das sog. Prinzip der intertemporalen Korrespondenz eingehalten werden. In der Berücksichtigung der beiden dänischen Renten mit dem Besteuerungsanteil des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG bei der Anwendung des Progressionsvorbehalts liegt keine unzulässige Doppelbesteuerung.

Quelle: BFH online

Anmerkung der NWB-Redaktion: Die Urteilsgründe vermitteln nicht nur einen interessanten Einblick in das dänische System der Altersversorgung, sie stellen auch geradezu schulmäßig die neugeordnete steuerrechtlich Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge nach dem sog. Drei-Schichten-Modell im deutschen EStG dar. Dass die ausländischen Einkünfte nach deutschem Recht zu qualifizieren sind, erscheint zwingend, auch wenn die entsprechenden Feststellungen sicherlich nicht immer einfach zu treffen sind.

 

Fundstelle(n):
FAAAF-15814