Syndikusanwälte | Kein Anwaltsgeheimnis für Firmenjuristen (EuGH)
Der Grundsatz der Vertraulichkeit zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten (Anwaltsgeheimnis) schützt nicht den unternehmens- oder konzerninternen Schriftwechsel eines Syndikusanwalts mit dem leitenden Geschäftsführer (; Akzo Nobel Chemicals Ltd / Kommission).
Dazu führt der EuGH weiter aus: Nach Auffassung des Gerichtshofs genießt ein Syndikusanwalt trotz seiner Zulassung als Rechtsanwalt und der im auferlegten standesrechtlichen Bindungen nicht denselben Grad an Unabhängigkeit von seinem Arbeitgeber wie der in einer externen Anwaltskanzlei tätige Rechtsanwalt. Ungeachtet der geltenden Berufsregelung kann der Syndikusanwalt, über welche Garantien er bei der Ausübung seines Berufs auch immer verfügt, nämlich deshalb nicht einem externen Rechtsanwalt gleichgestellt werden, weil er sich in der Situation eines abhängig Beschäftigten befindet, die es naturgemäß nicht zulässt, dass er von seinem Arbeitgeber verfolgte Geschäftsstrategien außer Acht lässt, und die dadurch seine Fähigkeit, in beruflicher Unabhängigkeit zu handeln, in Frage stellt. Im Übrigen kann der Syndikusanwalt zur Erfüllung anderer Aufgaben verpflichtet sein, etwa, wie im vorliegenden Fall, der des Koordinators für das Wettbewerbsrecht, die Auswirkungen auf die Geschäftspolitik des Unternehmens haben können. Solche Aufgaben können aber die engen Bindungen des Rechtsanwalts an seinen Arbeitgeber nur verstärken. Demnach genießt der Syndikusanwalt aufgrund sowohl seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit als auch der engen Bindungen an seinen Arbeitgeber keine berufliche Unabhängigkeit, die der eines externen Rechtsanwalts vergleichbar ist.
Diese Auslegung verstößt dem Gerichtshof zufolge nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sich der Syndikusanwalt in einer Position befindet, die sich von derjenigen eines externen Rechtsanwalts grundlegend unterscheidet.
Quelle: EuGH, Pressemitteilung 90/10
Fundstelle(n):
GAAAF-15669