Körperschaftsteuer | Verlustübernahme bei körperschaftsteuerlicher Organschaft (BFH)
Der BFH hat zu den formalen Voraussetzungen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags als Bedingung für eine wirksame körperschaftsteuerliche Organschaft Stellung genommen (; veröffentlicht am ).
Um eine körperschaftsteuerliche Organschaft mit einer GmbH als Organgesellschaft wirksam zu begründen, ist u.a. eine Vereinbarung zur Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG getroffen werden. Dazu gehört auch die Vereinbarung der Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG (Bestätigung des NWB NAAAB-73151, BStBl 2006 I S. 12).
Entgegen der Verwaltungsauffassung (NWB CAAAD-39629) wird mit der folgenden Klausel eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart:
"Die (Organträgerin) ist entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind"
Sachverhalt: Die Antragstellerin, die Aussetzung der Vollziehung von Steuervorauszahlungsbescheiden begehrt, ist eine GmbH mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr, das jeweils zum 30.6. endet. Am schloss die Antragstellerin mit ihrer alleinigen Gesellschafterin - der D-AG - einen erstmals zum kündbaren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGV), in dem sich die Antragstellerin zur Abführung ihres Gewinns an die D-AG verpflichtete. Der mit "Verlustübernahme" überschriebene § 3 Abs. 1 BGV hatte zunächst folgenden Wortlaut: "Die (D-AG) ist entsprechend den Vorschriften des § 302 Absatz 1 und 3 des Aktiengesetzes verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind." Im gemeinsamen Bericht der Antragstellerin und der D-AG nach § 293a AktG vom heißt es u.a.: "Die (D-AG) verpflichtet sich, gemäß § 302 AktG jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen." Das Finanzamt sah die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft nicht als gegeben an, weil im Hinblick auf die Verlustübernahme die Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG nicht Bestandteil des BGV geworden sei.
Hierzu führt der BFH weiter aus: Nach ständiger Spruchpraxis des BFH (vgl. zuletzt Senatsurteil v. - NWB HAAAD-41333) muss der Ergebnisabführungsvertrag eine dem § 302 AktG entsprechende Vereinbarung enthalten. Das erstreckt sich auf § 302 AktG in seiner Gesamtheit und in allen seinen Bestandteilen (in den jeweiligen Regelungsfassungen), also seit Einfügung der Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG durch das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mit Wirkung vom auch auf diese. § 302 Abs. 4 AktG sieht eine Verjährung der Ansprüche aus § 302 AktG in zehn Jahren seit dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 HGB bekannt gemacht worden ist, vor und weicht damit von den allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 BGB ab. Die ursprüngliche Fassung des BGV zwischen der Antragstellerin und der D-AG (BGV a.F.) enthält keine Vereinbarung, die § 302 Abs. 4 AktG einbezieht. Vielmehr werden nach § 3 BGV a.F. lediglich § 302 Abs. 1 und 3 AktG, nicht aber die übrigen Absätze der Vorschrift als entsprechend anwendbar bezeichnet. Die Vertragsbestimmung kann deshalb nach der gebotenen objektivierten Auslegung von Unternehmensverträgen nur so verstanden werden, dass die Geltung der nicht erwähnten Regelung des § 302 Abs. 4 AktG nicht vereinbart worden ist. An dieser Auslegung vermag die Formulierung in der gemeinsamen Erklärung der Vertragsparteien gemäß § 293a AktG, wonach sich die D-AG verpflichte, gemäß § 302 AktG jeden Jahresfehlbetrag auszugleichen, nichts zu ändern.
Quelle: BFH online
Anmerkung der NWB-Redaktion: In der Praxis herrscht erhebliche Unsicherheit darüber, wie die Verlustklausel im Ergebnisabführungsvertrag mit einer Organ-GmbH formuliert sein muss. Im Fachschrifttum wird überbordender Formalismus beklagt. Zu hoffen ist, dass ein Vorschlag des Bundesrats in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf für das JStG 2010 (BT-Drucks. 318/10, Beschluss v. 9.7.2010, S.59 f.) umgesetzt wird, dem zufolge es rückwirkend ausreicht, dass „eine Verpflichtung zur Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 des Aktengesetzes besteht“, was nach der Zivilrechtsprechung auch der Fall ist, wenn die Verlustübernahme nicht ausdrücklich im Gewinnabführungsvertrag erwähnt wird.
Fundstelle(n):
SAAAF-15600